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Aus dem Inhalt der Ausgabe 2/3-2004

abecassi pessah
Pessach-Haggadah von Raphael Abecassis


KERUV LEVAVOT

Gedanken von Samuel Laster

Jüdisches Leben in Europa blüht. Brennende Synagogen wie in Frankreich und die zunehmenden Angriffe zumeist islamischer Jugendlicher verunsichern, sie lassen uns enger zusammenrücken. Israel wird oft ungerecht beurteilt, seine Politik verurteilt. Die Existenz jüdischer Menschen im einzigen real existierenden Ergebnis der politischen Utopien des 20. Jahrhunderts wird in Frage gestellt, 59 Prozent der Europäer sehen Israel laut Umfrage als größte Gefahr für den Weltfrieden.

In dieser Situation ist die Botschaft von Pessach in uns allen wach.

Ja, wir fühlen uns in jeder Generation so, als wären wir gerade aus Ägypten ausgezogen. In einer Umgebung, die immer kleinere Einheiten von Staaten und Regionen bildet, ist Einheit unsere Stärke. Die Nähe der Herzen „KERUV LEVAVOT“ sollte gesucht und auch praktiziert werden.

Unser Haus der Jiddischkeit ist sehr vielfältig, seine Fassade mal grau, mal bunt, seine Zimmer immer hell erleuchtet und erfüllt mit dem Wissen und der Sicherheit unserer Tradition, die wir unseren Kindern und Kindeskindern weitergeben wollen.

Chabad Lubwaitsch hat ein besonders schönes Zimmer mit Licht erfüllt. Es steht uns alle gut an, dieses Zimmer als Gäste zu bewohnen oder es für immer zu betreten. Zwischen Bashkirien, Shanghai und Usbekistan leuchtet dieses Licht immer gleichmäßig und beständig zu uns. Auch EU-Ratspräsident Romano Prodi ließ sich erleuchten und kam nach Wien. Die Kronenzeitung wähnte gar ganz Österreich gesegnet, als Israels Rabbiner Jona Metzger seine Hand auf den Kopf des Bundespräsidenten Klestil legte. Der politische Preis ist immer zu hinterfragen, die Zukunft im Auge zu behalten.

Europa im Jahre 5764 unserer Zeitrechnung ist der kleinste Schnittpunkt zwischen dem, was wir waren, sind und sein werden. Lassen wir die Schnittmenge unserer Harmonie unendlich groß werden

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Perverse Passion

David Landtmann

Die Mischung klingt brisant. Der Vater: Ein Holocaust-Leugner. Der Sohn: wie der Vater Mitglied einer radikalkatholischen Sekte, die das zweite Vatikanische Konzil ablehnt und die These einer Kollektivschuld der Juden am Tod Jesu vertritt. Beruf des Sohnes (er heißt übrigens Mel Gibson): Filmregisseur und Produzent.

Das Ergebnis: Ein ziemlich mieser Film. The Passion of the Christ ist eine zweieinviertelstündige Blutorgie.

Mel Gibson, den sein Mitwirken an so feinfühligen Filmen wie „Mad Max“ und „Lethal Weapon“ als kompromisslosen Verfechter von Qualität und Niveau ausweist, setzt seiner bisherigen künstlerischen Laufbahn mit diesem Œuvre die (Dornen)krone auf. Zwar geht er eher unbekümmert mit historischen Tatsachen um, doch die Sado-Szenen kommen dafür mit perverser Akribie über die Leinwand. In Nahaufnahme zeigt der Regisseur, wie sich die Peitsche in das gefolterte Fleisch frisst, zeigt ein zerschlagenes Gesicht, zeigt, wie ein riesiger Nagel brutal durch einen Arm geschlagen wird. Den Vorwand für diese sadistische Pornografie liefert die Bibel und um Authentizität braucht sich Mel Gibson ohnedies nicht zu sorgen, denn Der Heilige Geist wirkte durch mich ließ er die etwas erstaunte Öffentlichkeit nach den ersten kritischen Stimmen zu seinem Machwerk wissen. Na, wenn das so ist... schönen Gruß an den Vogel. Akkurat dargestellter Sadismus, unübersehbare Freude am Quälen, perverse Folterszenen – wer Derartiges im Kino sucht, sollte sich den Film ansehen. Sadistische Pornografie wird immer ihren Markt finden, so betrachtet hat Gibson eine Marktlücke und eine von Folterszenen ohnedies schon übersättigte Klientel getroffen.

Bleibt nur die Frage: Wozu das Ganze? Zweifellos vermittelt der Film eine Botschaft, und die lautet: Die Juden haben den Gründer der christlichen Religion auf dem Gewissen. Und nicht nur das – sie haben sogar seinen besonders grausamen Tod verschuldet. Historisch steht das alles auf höchst wackligen Beinen. Jesus war – so weit sich das heute überhaupt noch rekonstruieren lässt – Angehöriger oder zumindest Sympathisant einer fundamentalistischen jüdischen Gruppierung. Er wollte eine Erneuerung der Religion – wenn überhaupt – von innen. Auf die Idee einer Religionsgründung kam als Erster mit größter Wahrscheinlichkeit Paulus, der sich (unter anderem in der Frage „Judenchristen – Heidenchristen“) gegen die Ideen Jesu’ durchsetzte. Zu einer organisierten Religion wurde das Christentum überhaupt erst 325 auf dem vom „heidnischen“ Kaiser Konstantin einberufenen Konzil von Nicäa.

Übrigens: Die Juden hätten sich eine Kreuzigung Christi vielleicht wünschen können, aber die römischen Herrscher der Region hätten wohl kaum auf die Einflüsterungen der in ihren Augen relativ primitiven Eingeborenen gehört. Was bleibt sind Legenden, Sagen, Motive aus der damaligen Zeit und anderen, älteren Religionen, die irgendwann zu den Evangelien kompiliert wurden. So gut wie alle Religionen beziehen sie sich auf ein Schrifttum, das ähnlich zu Stande gekommen ist. Authentisch ist das alles eher nicht. Wer aber solche Schriften zur Grundlage eines vorgeblich authentischen Filmes macht und diesen dann noch „künstlerisch“ durch Perversionen bereichert, muss wohl etwas beabsichtigen. Womit sich der Kreis zum antisemitischen Hintergrund Mel Gibsons schließt. Gibson will offenbar eine fundamentalistisch-manipulative Haltung vermitteln und nimmt es zumindest billigend in Kauf, dass sein Film negative Emotionen weckt. (Angenehmer Nebeneffekt für Mel Gibson: Die positiven Auswirkungen auf dessen Bankkonto).

Doch das alles wäre ja immer noch kein Problem. Im Rahmen der Gesetze darf jeder Bürger dieser Welt jeden beliebigen Unsinn von sich geben sowie diesen dann auch noch anderen Leuten andrehen. In Ländern, in denen dies verboten ist, werden üblicherweise auch andere Menschenrechte mit Füßen getreten. Träfe also Mel Gibsons Film auf kritische, von der Vernunft geleitete Menschen, gäbe es wohl die ganze Diskussion nicht. Was kann ein gewaltgeiler Sado- Streifen schon bewegen? Doch der Film trifft eben nicht auf objektive, kritische Geister. Jahrhunderte lang hat die katholische Kirche den Hass gegen jüdische Bevölkerungsteile fast aller Länder in ihrem Einflussgebiet durch die Verbreitung der Kollektivschuld-Legende geschürt. Die Saat des Hasses fällt auf gründlich aufbereiteten Boden, auf dem auch Auschwitz gebaut wurde.

Seltsamerweise ist die Mehrzahl der Menschen bereit, selbst die größten Absurditäten zu glauben – wenn sie nur weit genug zurück datiert werden. Davon leben die Religionen. Doch die Frage nach Historizität stellt sich bei Glaubensinhalten ohnedies nie – Realität werden sie dadurch, dass eine ausreichende Anzahl von Menschen eine ausreichend lange Zeitspanne hindurch ganz einfach daran glaubt. Dies impliziert aber auch immer Interpretierbarkeit.

Der Kreuzestod Christi – egal ob er nun stattgefunden hat oder nicht, ob es Jesus überhaupt gegeben hat und ob er eine Religion gründen wollte – lässt sich als ein berührendes Gleichnis verstehen: Als das Symbol für den Menschen schlechthin, der sein Schicksal „gottergeben“ auf sich nimmt und sein Leben der Menschlichkeit und dem Dienst am Nächsten widmet. Dies hat die Friedensnobelpreisträgerin und katholische Nonne Mutter Theresa getan. Er lässt sich aber auch als implizite Aufforderung, an den vermeintlichen Mördern Rache zu nehmen, interpretieren – Stichwort: Der Jud ist schuld Das hat Mel Gibson (mit Berufung auf den Heiligen Geist) getan. Aus dem Vatikan gibt es bisher nur inoffizielle Anerkennung. Auf eine offizielle Stellungnahme darf man gespannt sein. Schweigen ist hier jedenfalls keine Lösung. Qui tacet, consentire vidisse.

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Nahostkonflikt in Relation

Der Teufelskreis muss durchbrochen werden

Seit der Staatsgründung Israels spielt der israelisch-palästinensische Konflikt eine Hauptrolle auf der Bühne internationaler Krisen. Nach allen Maßstäben sind jedoch die absoluten Dimensionen des Nahostkonflikts winzig im Vergleich zu der Aufmerksamkeit, die die Welt ihm schenkt.

Zwei Millionen Menschen starben im Bürgerkrieg im Sudan, wurden 150.000-200.000 Menschen (ein Viertel der Bevölkerung!) in Tschetschenien, 65.000 Tote sind im ständigen Krieg zwischen den Atommächten Pakistan und Indien zu beklagen. Doch die Welt fixiert ihren Blick konsequent auf den Nahen Osten.

Zum Vergleich: In der zweiten Intifada sind bisher rund 3.700 Menschen umgekommen. Zwei Völker, mit gemeinsam kaum mehr Bürgern als der Großraum London, kämpfen um ein Land, das kleiner ist als Belgien. Trotzdem hat Israel die höchste Dichte internationaler Korrespondenten weltweit. Im Jahr 2003 allein waren dort mehr als 800 Auslandskorrespondenten ansässig, zusätzlich besuchten 2.700 Journalisten den Kleinstaat. Israel bleibt Dauerbrenner, ohne jede Relation zu wirtschaftlicher, militärischer oder politischer Relevanz.

Die Weltmeinung hat gleichzeitig Recht und Unrecht damit, dem Winzling im Nahen Osten so große Aufmerksamkeit zu schenken. Unrecht, da sich ihr Interesse auf den engen Sinn des Nahostkonflikts beschränkt. Das menschliche Leid ist anderswo ungleich größer, die potentiellen Auswirkungen anderer Krisen ungleich schwerer als die des Zwistes zwischen Israelis und Palästinensern.

Der Nahe Osten interessiert natürlich als die erdölreichste Region der Welt. So ist jede Quelle der Instabilität in dieser Region eine Bedrohung der Weltwirtschaft. Der Fehler jedoch ist anzunehmen, der Nahe Osten krisele nur wegen Israel. Der israelisch-palästinensische Konflikt ist lediglich Symptom für die wachsende Spannung zwischen dem Westen und der arabischen Welt und für die Entwicklungen innerhalb des arabischen Raumes an sich, nicht deren Ursache. Nur in dieser Hinsicht ist es wichtig, den Konflikt im Zwergstaat Israel weiterhin so genau zu verfolgen.

Die arabische Welt ist der größte Teil der Erde, der in den letzten 500 Jahren einfach Urlaub von Geschichte und Entwicklung genommen hat, so der Star- Journalist Thomas Friedman der New York Times. Noch in den 50-er Jahren war die arabische Welt auf demselben Entwicklungsstand wie Südostasien. Trotz des Ölreichtums und des immensen menschlichen Potentials der Bevölkerung sind die arabischen Staaten heute nach fast allen Kriterien das Schlusslicht der Welt. Der Trend bleibt negativ, die Araber fallen noch weiter zurück.

Die Arab Human Development Reports von 2002 und 2003 (www.undp.org/) legen die Hintergründe für diese dramatische Entwicklung auf. In diesen revolutionären Berichten erläutern arabische Intellektuelle die Gründe für die Rückständigkeit der arabischen Welt. Sie benennen drei Ursachen für die heutige Situation: Mangel an Freiheit, fehlende Emanzipation und schlechte Bildung. Die Autoren der Berichte belegen ihre schweren Behauptungen mit harten Fakten. Das Bruttosozialprodukt aller arabischer Staaten zusammen (604 Milliarden US$) samt ihren rund 280 Millionen Bürgern ist nur wenig höher als das von Spanien (559 Milliarden US$), dessen Bevölkerung nur rund 15% der arabischen Staaten ausmacht. Der Export von Erdöl bildet mit 70% den Großteil der Exporte. Der niedrige Wirtschaftszuwachs von lediglich 0,5% im Jahr kann mit dem Bevölkerungswachstum (3,4%) nicht mithalten, so werden die Araber zusehends ärmer. Heute leben 20% der Araber von weniger als 2 US$ pro Tag. Die Arbeitslosigkeit ist die höchste in der Welt mit durchschnittlich 15%. Jährlich kommen noch 6 Millionen Arbeitssuchende hinzu.

Die fehlende Innovation führt zu ständigem Verfall: in den sechziger Jahren war die Produktivität 32% der amerikanischen, heute ist sie auf weniger als 19% gesunken. Dieser Trend fand statt, obwohl die arabischen Staaten in dieser Zeit mehr als 2.500 Milliarden US$ in Infrastruktur investierten. Die mangelnde Meinungs- und Ideenfreiheit äußert sich in allen Bereichen des Lebens: Journalisten sind Belästigungen, Einschüchterungen und sogar physischer Bedrohung ausgesetzt. Die Zensur ist allgegenwärtig, so der Bericht. Die meisten Medien sind staatlich kontrolliert und zensiert. Dies führt zu absurden Ergebnissen: die Auflage eines Bestsellers besteht aus nicht mehr als 5.000 Exemplaren.

Die arabische Welt macht 5% der Weltbevölkerung aus, schreibt aber nur 1% aller veröffentlichten Bücher. Vom Rest der Welt erfahren die Araber wenig, in den letzten 1200 Jahren wurden rund 10.000 Bücher ins Arabische übersetzt, ungefähr so viel wie in Spanien jährlich. Doch selbst wenn dies anders wäre, ist nicht klar, wer die Bücher lesen würde, 65 Millionen Araber, 43% der Erwachsenen, sind Analphabeten. So können sie keinen Gebrauch vom Informationszeitalter machen, lediglich 1,6% der Araber nutzen einen Internetanschluss, im Vergleich zu 79% in den USA. Die Wissenslücke wird besonders in der Wissenschaft deutlich. Die arabischen Staaten investieren weniger als 0,4% ihres Bruttosozialproduktes in die Forschung. In Israel sind es 2,35%. Das reicht kaum, um die Gehälter der wenigen Wissenschaftler zu zahlen (371 pro Millionen im Vergleich zu 979 weltweit). Resultat: alle arabischen Staaten zusammen meldeten im Zeitraum 1980–2000 lediglich 370 Patente in den USA an. Zum Vergleich: Israel mit seinen 6 Millionen Einwohnern (rund 3% der arabischen Bevölkerung) meldete in diesem Zeitraum 7.652 Patente an, 20-mal so viel.

Die fehlende Bildung führt zu Mangel an vertikaler sozialer Mobilität, der Reichtum konzentriert sich in den Händen weniger, die allgemeine Bevölkerung hat keine Aufstiegschancen. Die wenigen, die zu einer Bildung kommen, wandern in die westliche Welt aus, etwa 18.000 Doktoranden im Jahr. In dem Klima wachsender Armut und Ungleichheit, politischer Unterdrückung und gezielter Desinformation ist es nicht verwunderlich, dass sich die Unzufriedenheit der arabischen Welt gegen den Westen und vor allem Israel richtet. Der Bericht kommt zu einer für die arabische Welt revolutionären Folgerung: der israelisch-arabische Konflikt sei von den Regierungen der Region auch als Vorwand genutzt worden, um die Aufmerksamkeit von inneren Problemen abzulenken. Die Regime scheinen George Orwell gut gelesen zu haben, die Juden und ihr Staat als Sündenbock erlauben ihnen, weiter auf Kosten der eigenen Bevölkerung zu feiern. Es ist deswegen fraglich, ob die Herrscher der arabischen Welt den Nahostkonflikt überhaupt endgültig lösen wollen.

Schon unzählige Versuche konnten den Nahen Osten nicht befrieden. Dies wird sich nicht ändern, solange sich der Ansatz dieser Initiativen nicht von Grund auf ändert. Erst muss der Teufelskreis durchbrochen werden, in dem Unwissenheit, wirtschaftliche und soziale Aussichtslosigkeit, Extremismus brüten, der nur weiter die Ignoranz verstärkt. Solange arabische Potentaten ihre eigenen Völker unterdrücken und mit extremistischer Ideologie füttern, werden die Araber immer weiter ins Hintertreffen geraten. Dabei beschuldigen sie alle außer sich selbst. Ein Erfolg versprechender Ansatz muss Teil einer globalen Anstrengung sein, Demokratie, Gleichheit, Ideenfreiheit und öffentliche Verantwortung in die arabische Welt zu bringen. Nur so eine Politik kann den Nahen Osten auf Dauer befrieden.

Auszüge eines Vortrages, den unser Israel-Korrespondent Gil Yaron im Rahmen einer Vortragsreihe in Deutschland und in Salzburg hielt.

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Wie neutral ist das Rote Kreuz?

Makabre Prioritäten beim IKRK in Genf

In den USA ist unlängst eine prominente Ärztin und Vorsitzende des Amerikanischen Roten Kreuzes zurückgetreten, als Protest gegen die Weigerung des nach außen hin „neutralen“ Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) in Genf, dem israelischen Magen David Adom volle Mitgliedschaft zu gewähren und dem Roten Davidstern gleiche Rechte wie dem Roten Halbmond der Moslems einzuräumen. Aber das ist nur eines der unzähligen Merkmale der antiisraelischen, wenn nicht gar antisemitischer Voreingenommenheit der in Genf ansässigen Hilfsorganisation, die vorgibt universale Menschenrechte und internationales Völkerrecht zu verteidigen.

Wie makaber die Prioritäten des IKRK in Wirklichkeit sind, geht aus einer Analyse der weltweiten Personalpolitik und des Budgets des IKRK für das Jahr 2001 hervor, die kürzlich von Don Habibi, dem Wilmingtoner Philosophieprofessor der University of North Carolina, veröffentlicht wurde. Die Zahlen sprechen für sich: Für den gesamten nordafrikanischen Raum, der Algerien, Libyen, Mauretanien, Marokko/ Westsahara und Tunesien umfasst, unterhält das IKRK ein Büro in Tunis mit einem Budget von 2,512.613 Schweizer Franken und einem Personal von fünf Schweizern und zehn Einheimischen. Dies ist das Gesamtbudget und der Personaleinsatz für ein Gebiet von 6,048.149 Quadrat-Kilometern und einer Bevölkerung von 82 Millionen, in Ländern berühmt für ihr Elend und für grobe Menschenrechtsverletzungen.

Es kommt noch perverser. Für Asien und den Pazifischen Raum, der China, Japan, Nord- und Südkorea, Kambodscha, Laos, Mongolia, Taiwan, Thailand und Vietnam mit einer Gesamtbevölkerung von 1,7 Milliarden und einem Gebiet von 13,056.235 Quadratkilometern umfasst, hat das IKRK ein einziges Büro in Bangkok und zwei Werkstätten für prothetische Glieder im Einsatz. Das Gesamtbudget für diesen Superraum beträgt den geradezu lächerlichen Betrag von 5,838,991 Schweizer Franken. Das Personal besteht aus 17 Schweizern und 43 lokal angeheuerten Einheimischen.

Und jetzt kommt der Höhepunkt. Für „Israel/Besetzte Gebiete/Autonome Gebiete“ ist die Großzügigkeit des IKRK geradezu erdrückend und steht im krassen Widerspruch zu der sprichwörtlichen Sparsamkeit der Schweizer. Hier unterhält das IKRK gleich 13 Büros (weit mehr als in Nordafrika, Asien und dem Pazifik zusammen) in Jenin, Tulkarem, Nablus, Kalkilya, Ramallah, Jericho, Bethlehem, Hebron, Gaza, Khan Yunis, Majdal Shams, Jerusalem und Tel Aviv. Das Budget für diesen geografisch überaus beschränkten Raum belief sich (wohl gemerkt 2001) auf 22,407.815 Schweizer Franken, also fast das Dreifache des Budgets für Nordafrika, Asien und den Pazifik. Auch hinsichtlich Personals sind die Schweizer Bonzen des IKRK nicht kleinlich. Im Budgetjahr von 2001 bestand es aus 130 Schweizern und 90 lokal angeheuerten Einheimischen.

Als „Begründung“ für diese absurden Prioritäten des IKRK könnte das Argument geltend gemacht werden, dass in dieser winzigen Ecke des Nahen Ostens besonderes Elend besteht, bewaffnete Auseinandersetzungen, Terror. Aber gibt es dieses Elend nicht auch in Nordkorea, in Laos, Kambodscha, Vietnam und sogar in ländlichen Gebieten von China und Thailand?

Die tendenziöse Verteilung von Geldern und Menschenkräften durch das IKRK hat sich seit 2001 nur noch verschlimmert. Im unlängst veröffentlichten Jahresbericht für 2002 verkündete das IKRK stolz, dass es das Personal in jenem Jahre verdoppelt hatte, um den Problemen, verursacht durch den „derzeitige palästinensischen Aufstand gegen die Okkupation“ Rechnung tragen zu können. Auch das Budget erfuhr eine dramatische Steigerung auf 53,322.637 Franken, also so gut wie das Sechsfache dessen, was das IKRK in Nordafrika, Asien und im Pazifik ausgibt.

Ein Blick auf die Website des IKRK vom Ende Februar 2004 zeigt, dass ein weiterer Ausbau des Personals in diesem Raum von rund 9 Millionen Menschen auf kargen 28.285 Quadratkilometern erfolgt sei und zwar auf 327 Personen 73 Schweizern – denen es in Israel besonders gut zu gefallen scheint – und 181 lokal angeheuerten Personen.)

Das IKRK war schamlos „neutral“ und schweigsam, wenn es um die Ausrottung des europäischen Judentums in den Nazi-KZs ging, gab aber auch nur den Anschein von Neutralität auf, wenn es sich um den israelischpalästinensischen Konflikt handelt, indem es Terroristen und Selbstmordanschläge gegen Zivilisten in Pizzerias, Cafés und in städtischen Autobussen als „Aufstand gegen die Okkupation“ bezeichnet, das die besondere Aufmerksamkeit und Großzügigkeit des IKRK verdient. So gut wie das gesamte IKRK-Budget für den nahöstlichen Raum dient der Pflege von 3,5 Millionen Palästinensern auf einem Gebiet von 6.220 Quadratkilometern.

An und für sich wäre ja gegen den großzügigen Einsatz des IKRK für die palästinensische Zivilbevölkerung nichts einzuwenden. Erstens hat das IKRK, ebenso wie andere humanitäre Organisationen, das Recht Hilfe zu leisten, wo immer sie glauben Hilfsbedürftige zu finden. Man könnte sogar sagen, dass der Einsatz des IKRK für die Palästinenser Israel entlastet, das völkerrechtlich verpflichtet wäre, den Palästinensern in den israelisch kontrollierten Gebieten eine Lebensbasis zu gewährleisten.

Doch ein Großteil dieser Hilfe, ebenso wie jene der UN über die Flüchtlingshilfsorganisation UNRWA, wird einerseits schamlos missbraucht, andererseits entlastet sie die palästinensische Führung davon, die Verantwortung für die eigene Bevölkerung zu übernehmen und die notwendigen Kompromisse zur friedlichen Regelung des Nahostkonflikts einzugehen. Vielmehr fördern die IKRK-Millionen, zusammen mit den Geldern der EU, der USA und der UN, die unglaubliche Korruption rund um die Arafat-Clique, helfen mit den Terror zu finanzieren und unterstützen die unbegrenzte und verantwortungslose Bevölkerungsexplosion in den palästinensischen Gebieten, die größte in der Geschichte der Menschheit.

Das IKRK ist dadurch direkt mitschuldig nicht nur an dem selbstverursachten Schicksal palästinensischer Massen. Es hilft auch mit die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit von weit wichtigeren Problemen abzulenken, wie der Fortsetzung von Sklaverei und Sklavenhandel, Genozid, Unterdrückung von Frauen und Mangel eines akzeptablen Rechtssystems in weiten Teilen der Welt, einschließlich der nahen und ferneren mittelöstlichen Nachbarn Israels und der Palästinenser.

Ben Zakan

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John Kerry und der jüdische Erzbischof

Die „jüdische Connection“ des Präsidentschaftskandidaten ist noch enger als allgemein bekannt

j.kerry

Benedikt Kohns Erben suchen ein neues Domizil – an einer feudalen Adresse: 1600 Pennsylvania Avenue.

Mit anderen Worten – im Weißen Haus.

Die Chancen stehen nicht schlecht. Die eigentliche Gefahr droht nicht so sehr von George Bush, sondern von Ralph Nader, dem selbstgewählten Trojanischen Pferd, das schon vor vier Jahren den Demokraten Al Gore um den Wahlsieg gebracht hat. Der Urgroßvater des demokratischen Kandidaten, Baruch Kohn, der seinen zivilen Vornamen – so wie der große Philosoph Baruch Spinoza auf Benedikt änderte – war wohlbestallter Braumeister in der kleinen Stadt Benisch – heute tschechisch Horni Benesov (nicht zu verwechseln mit Benesov unweit Konopist, dem Schloss des Erzherzogs Franz Ferdinand in „österreichisch Schlesien“, jenem Teil von Schlesien, den Maria Theresia nach dem verlorenen Krieg mit Friedrich II. hatte behalten können.

Benisch lebte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts von seinen Kohlegruben und der Textilindustrie. Benedikt Kohn und seine Frau Mathilde hatten drei Kinder: Ida, geboren 1871, Fritz, der Großvater John Kerrys, 1873 und Otto der Jüngste, 1875. Nach dem Tod ihres Mannes – gleichzeitig mit dem Niedergang der lokalen Industrie in Benesov, zog seine Witwe mit den Kindern nach Mödling, wo Fritz eine Ungarin, Ida Löwe, heiratete. Bald konvertierten die beiden Söhne mit ihren Frauen zum Katholizismus. Ihr Antrag auf Änderung des Familiennamens wurde im Dezember 1901 von der niederösterreichischen Statthalterei bestätigt. Offensichtlich schien Kohn im Zeitalter Luegers kein passender Name für einen Katholiken.

Die Kohn-Kerrys zeigten dabei weniger Rückgrat als ihr Zeitgenosse, der ebenfalls aus Schlesien stammende Fürst-Erzbischof von Iglau, Theodor Kohn, der seinen alten Namen beibehielt, und seine jüdische Herkunft in seinem Wappen (zu sehen im Palais von Kremsier) dokumentierte: Ein Schiff auf einem See, offensichtlich Genesareth, unter einem Davidstern. Es brachte ihm kein Glück. Er wurde schließlich durch Verleumdungen von Antisemiten zum Rücktritt gezwungen und starb 1915 in einem steiermärkischen Kloster.

Nun stellt sich die Frage, ob der Erzbischof ein Verwandter der heutigen Kerrys war. Natürlich ist Kohn ein häufiger Name, aber zwei „Kohanim“ aus dem gleichen Grätzel ist doch merkwürdig. Merkwürdig ist auch die Wahl des Namens Kerry, ein üblicherweise irischer Familienname. Möglicherweise dachte Fritz Kerry schon damals daran Mödling in Richtung Massachusetts zu verlassen – einem amerikanischen Bundesstaat mit einer starken irisch-katholischen Bevölkerungsgruppe. Siehe die Familien Kennedy, Fitzgerald und andere, die dort zu Reichtum und Ansehen gelangt waren. Jedenfalls wanderte die Familie 1904 in die USA aus. Etliche Verwandte blieben und kamen schließlich im KZ ums Leben.

Die Kerrys haben jedenfalls in den USA ihre jüdischen Wurzeln nicht verleugnet. Cameron Kerry, der Bruder des Politikers, rekonvertierte zum Judentum und ist, laut „Jewish Chronicle“ ein angesehenes Mitglied einer Reform-Synagoge. Für eine orthodoxe Gemeinde hätten womöglich seine Wurzeln nicht gereicht.

Lucian O. Meysels

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Koscheres Karma

Esoterik und New Age haben Hochkunjunktur in Israel

Reuven Zelinovsky hat ein klares Ziel vor Augen: Wir wollen Frieden in Israel und im gesamten Nahen Osten.

Der Ex-Leutnant der israelischen Streitkräfte weiß auch wie. Schutzzaun oder Genfer Treffen könne man getrost vergessen, denn Transzendentale Meditation lautet die Zauberformel! Alles was man dazu braucht, sind rund 500 Personen, die täglich Meditationsübungen gemäß der Lehre des Maharishi Mahesh Yogi abhalten. Zum Bruchteil des Preises einer F-16-Tragfläche können wir so dauerhaften Frieden bekommen, erklärt Zelinovsky beschwörend. Bereits 1983, während des Libanonkrieges, gab es 76 Prozent weniger Kriegstote, und das nur, weil damals mehrere hundert Transzendentale Meditationsanhänger für zwei Monate lang in Jerusalem ihre Übungen absolvierten.

Auch die Zahl der Verbrechen und Autounfälle in Israel ging damals rapide zurück. Selbstverständlich hilft das Meditieren à la Maharishi Mahesh Yogi ebenso gegen Bluthochdruck, einen zu hohen Cholesterinspiegel und andere Zivilisationskrankheiten. Nachlesen ließe sich all das in diversen Studien, herausgegeben von der Maharishi University of Management im US-Bundesstaat Iowa, der hauseigenen Bildungseinrichtung der Transzendentalen Meditationsbewegung. Diese ist weltweit aktiv, auch in Deutschland, wo sie von Experten als gefährliche Psychosekte eingestuft wird. In Israel sollen unterschiedlichen Quellen zufolge über 50.000 Menschen ihren Losungen folgen. Den Jüngern von Maharishi Mahesh Yogi gehört sogar ein ganzes Dorf: Die Siedlung Hararit, gegründet 1980 in Galiläa und bewohnt von rund fünfzig Familien. Ihren Lebensunterhalt bestreiten sie durch ein umfangreiches Angebot an Meditationskursen, esoterischer Musik und Lehrgängen in Alternativer Medizin. Die Nachfrage ist äußerst rege, der Markt hart umkämpft. Und die Konkurrenten von Transzendentaler Meditation heißen Art of Living Foundation, Osho und Scientology Kirche. Willkommen im New-Age Boomland Israel!

Nach drei Jahren Intifada suchen immer mehr Israelis nach Wegen, dem täglichen Horror zu entfliehen. Entspannung durch Meditation scheint da für viele ein Ausweg zu sein. Auch reisen jedes Jahr Tausende junger Israelis nach dem Militärdienst in den Fernen Osten. Als Souvenir haben sie nach ihrer Rückkehr jede Menge spiritueller Weisheit im Gepäck. Erste Anzeichen dafür, dass New Age und Esoterik aber nicht nur ehemalige Indienreisende und Alt-Hippies anziehen, waren die zahlreichen Läden im Umfeld der trendigen Scheinkinstraße in Tel Aviv, die vor einigen Jahren begannen, magische Steine, Amulette und die entsprechende Literatur anbieten. Das Who’s who indischer Gurus und ihrer Lehren sollte folgen. Ihre Anhängerschaft rekrutiert sich fast ausschließlich aus überdurchschnittlich gut ausgebildeten jungen und säkular eingestellten Israelis, die sich auf der Suche nach neuer Spiritualität abseits der religiösen Traditionen bewegen.

Von Seiten der jüdischen Orthodoxie werden die Esoterik und New-Age-Bewegung eher mit einem Achselzucken zur Kenntnis genommen. Niemand hört auf, Jude zu sein, nur weil er oder sie Meditationskurse besuchen oder den Heilslehren eines Gurus Gehör schenken – so lautet ihre Haltung. Transzendentale Meditation, Osho & Co. werden nicht als Religionen im eigentlichen Sinne und damit auch nicht als Konkurrenten wahrgenommen. Und ein Sektenbeauftragter wie in Deutschland ist quasi unbekannt. Nichts scheint unmöglich.

Das wöchentliche Stadtmagazin Achbar Ha’Ir, Pflichtlektüre eines jeden Tel Avivers, quillt unter der Rubrik „Körper und Seele“ förmlich über mit Veranstaltungshinweisen in Sachen New Age und Esoterik. Vom einfachen Tantra-Seminar fürs Wochenende über „Schwanger werden nach kabbalistischen Methoden“ bis hin zu „Heilen mit der Hilfe Außerirdischer“ reicht das Spektrum. Doch die Szene kann neben dem Meditieren auch kräftig auf die Pauke hauen: Auf dem Boombamelaoder dem Shantipi-Festival geht es zu wie auf einer fröhlichen Drogen-Party am Strand von Goa. Über 20.000 Teilnehmer kommen zu diesen Events, auf denen angefangen vom Shiatsu, Rebirthing, Urschreiworkshops und Kabbala so ziemlich alles im Angebot ist, was ein koscheres Karma verspricht. Esoterik und New-Age profitieren von der Nahostkrise. Wir leben in Israel an einem Ort mit unglaublich komplizierten Problemen, so Hanita Admoni. Einfache Antworten und das Versprechen nach sofortigem Glück ziehen viele Menschen da geradezu magisch an. Die vierzigjährige Computerfachfrau aus Herzelya weiß, wovon sie spricht, hat sie doch selbst eine Zeit lang einige dieser einschlägigen Kurse besucht. Weil man alleine der Situation hier völlig hilflos ausgeliefert ist und keinen Einfluss darauf nehmen kann, will man wenigstens sich selbst ändern und immun gegen die Schreckensnachrichten machen, die einen jeden Tag bombardieren, erklärt sie wohl stellvertretend für viele andere ihre Motivation.

Fakt ist: Meditation, Buddhismus und das gesamte Repertoire fernöstlicher Heilmethoden haben heute längst Einzug in den gesellschaftlichen Mainstream gehalten. Selbst Ron Huldai, der Bürgermeister von Tel Aviv, ruft seine Landsleute zu Tai Chi-Übungen am Strand auf. Denn die fernöstlichen Entspannungstechniken können Balsam für die terror- und stressgeplagten Israelis sein. Doch angesichts des kaum mehr überschaubaren Angebots fällt es schwer, zwischen seriösen Kursen, grenzenloser Abzocke und Psychosekten zu unterscheiden.

Oft ist für Laien auch gar nicht zu erkennen, dass hinter einem harmlosen Meditationskurs eine Organisation steht, die primär ihr eigenes finanzielles Wohlergehen vor Augen hat. Denn die in den Anzeigen versprochenen „Ferien für die Seele“ haben ihren Preis. Und der kann mitunter recht deftig sein: Wer an den Erkenntnissen von Osho, in Deutschland eher unter dem Namen Baghwan bekannt, teilhaben will, muss tief in die Tasche greifen. Die israelische Dependance des in den achtziger Jahren verstorbenen Sex- Gurus und stolzen Besitzers von 96 Rolls Royces hat im Negev gar ein eigenes Zentrum aufgebaut. Aschram Ba- Midbar, zu deutsch „Aschram in der Wüste“, bietet Meditationskurse inklusive Reflexzonenmassage und Händeauflegen als Heilkunst an. Kosten: Ab 80 Euro aufwärts. Über 1.000 Euro stellt das Israel Center for Mind-Body Medicine in Ramat HaSharon für das Angebot „Die Seele und ihre Wiederherstellung aus buddhistischer Perspektive“ in Rechnung. Das Bemerkenswerte ist oft die unglaubliche Schlichtheit der vermittelten Botschaften. Höre auf, als Einzelner zu bestehen! Werde jedermann! Werde zu nichts!, verkündet Sri Sri Ravi Shankar von der Art of Living Foundation. Diese organisiert auch Lachgruppen: Die Kunst ist zu lachen, was Dir auch zustoßen mag. Lachen mag man eher bei solch banalen Weisheiten, als Rezept gegen die Bedrohung durch Selbstmordattentäter bleibt es einem da eher im Halse stecken. Niemand würde den Sinn von Meditation, Yoga oder Tai Chi zur Stressbewältigung in Abrede stellen. Doch die Grenzen hin zum puren Eskapismus und sozialem Autismus sind ziemlich fließend. Yakov Granot aus Jerusalem war mit seiner Gruppe, die den Lehren des französisch- vietnamesischen Buddhistenmönchs Thich Nhat Hanh folgt, gerade mit dem Meditieren beschäftigt, als die spirituelle Reise durch einen Explosionsknall jäh unterbrochen wurde. Ein Selbstmordattentäter hatte sich im benachbarten Cafe Hillel in die Luft gejagt und dabei zahlreiche Menschen mit in den Tod gerissen. Wir hörten die Sirenen, aber rührten uns nicht von der Stelle. Unser Training hat uns auf solche Situationen vorbereitet. Wir wussten, um was es ging und verblieben einfach in unseren Gedanken.

Ralf Balke

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Eine Ikone d es 20. Jahrhunderts

Albert Einstein zum 125. Geburtstag

einstein

Zitate von Albert Einstein, ausgewählt von Ellen Pressler.
Lesen Sie den gesamten Artikel über Albert Einstein in der aktuellen Ausgabe der INW

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Der junge Wilde

Über den Bestsellerautor Etgar Keret

etgar keret

Im Herbst 2003 nahm der israelische Bestseller-Autor und Dozent an der Filmakademie in Tel Aviv, Etgar Keret, einen Lehrauftrag an der Filmhochschule in Berlin wahr. Gleichzeitig war sein vierter Geschichtenband Mond im Sonderangebot. 33 Short Stories.

Etgar Keret, inzwischen auch schon sechsunddreißig Jahre alt, gilt in Israel als erfolgreichster Vertreter der so genannten jungen Wilden. Neben Kurzgeschichten und Comics schreibt er Fernsehsketche, die schon mal zu einer aufgeregten Parlamentsanfrage führten, produzierte vierzig Kurzfilme und unterrichtet. Seinen eigentümlichen – manche sagen schwarzen – Humor und seine gleichzeitig offensichtliche Empathie für seine Mitmenschen kommen in seinen Geschichten zum Ausdruck.

Keret ist kein Provokateur (legt es zumindest nicht darauf an, einer zu sein), sondern ein kluger wie höflicher Analytiker. Die Aufgabe der Autoren habe sich jedoch grundlegend geändert. Am Anfang hätten sie die Rolle gleichsam wie Propheten gehabt, was er naheliegend für ein junges Land empfindet, wie Israel dies einmal war. In der gegenwärtigen Generation gebe es noch ein paar von dieser Sorte. Doch im Wesentlichen hat es hier eine Veränderung gegeben. Während neue Gemeinschaften keine Fragen stellen, das Boot nicht zum Kentern bringen wollen, ist dies bei bereits niedergelassenen Gemeinschaften anders. Je länger sie bestehen, desto mehr Fragen ergeben sich.

Beiläufig kam raus, dass Keret zu Beginn seines Studiums auch Mathematik, insbesondere Logik, belegt hatte: Ein Beweis ist gut, wenn man die Lösung einem Fünfjährigen vermitteln kann. Die Vorstellung, seine Geschichten auch Kindern vorzulesen, die was ganz anderes darin entdecken als Erwachsene, würde ihm gefallen. Ob man mit absurden Geschichten der Realität in Israel entfliehen könne, wollte der Interviewer wissen. Darauf Keret: Ich schreibe Geschichten, die Empathie, Furcht, Hass und Misstrauen beinhalten. All dies bestimme auch den Konflikt.

Wie weit die Realitäten in München und Tel Aviv auseinanderklaffen, macht Keret ganz beiläufig deutlich. Das Leben in Israel habe Züge eines absurden Theaters. Wenn zum Beispiel ein wichtiges Fußballmatch im Fernsehen durch die Berichterstattung über einen Terroranschlag überschattet werde, dann gäbe es schon mal ein gesplittetes Bild: Opferzahlen neben Spielstand. In Israel lebe man in einer Realität voller Übertreibungen, es sei wie in einem absurden Theater. Es passierten die verrücktesten Sachen. Ein Attentäter habe bei einem Anschlag sein Augenlicht verloren, dem unter anderem ein Mann, der mit Blinden trainierte, zum Opfer fiel. Man führt also ein normales Leben. Dahinter aber steckt ein permanenter Horror. Und diese beiden Ebenen würden nicht zusammenpassen. Horror und Realität, Innenansichten und Schauplätze bestimmen Kerets Themen. Viele Geschichten spielen bei mir jetzt drinnen. Die Leute sind eingesperrt im Privaten. Der klaustrophobe Aspekt sei gewollt: Seit Anbruch der Intifada traut man sich nicht mehr so vor die Tür. Und dann setzt Keret bedrückt hinzu: In der Zeit nach Oslo glaubte ich, dass man so vieles schaffen kann. Inzwischen ist mein Anspruch bescheiden.

Wie wichtig es ist, seine durch deutschsprachige Medien verbogene Wahrnehmung im direkten Gespräch mit Israelis zu korrigieren, wurde auch in dieser Begegnung mit Etgar Keret deutlich. Israel sei eine der libertärsten, anarchischsten Gesellschaften, die er kenne, und gleichzeitig eine extrem konservative. Tabus gebe es jede Menge. Öffentliche Verkehrsmittel dürften am Schabbat nicht fahren. Andererseits habe man eine Transsexuelle zum Grand Prix d’Eurovision geschickt. Kaum war das Lachen über dieses Bonmot verklungen, sprach Keret von anderen prägenden Momenten. Seine Eltern sind Holocaustüberlebende, Verwandte gab es kaum, sein bester Freund fiel als Soldat. Das alles gehöre zu seinem Horizont: Aber solche Erinnerungen wurden zu nationalen Symbolen erhoben. In den letzten Jahren ist Keret viel in der Welt herumgekommen: Ich sehe mich mehr als jüdischer Autor, denn als israelischer Schriftsteller. Nach einer Denkpause fügt er hinzu: Auch bei Isaac Bashevis Singer spielen Geschichten oft unterwegs. Im Zug, auf dem Weg. Selbst wenn eine meiner Geschichten in Tel Aviv spielt, hat das ganze nicht den Charakter einer Episode von zu Hause.

Auf die Frage, was Keret an der Stelle von Scharon als Erstes machen würde, parierte er schlagfertig: Eine Diät.

Miryam Gümbel

cover keret

Etgar Keret: Mond im Sonderangebot. 33 Short Stories". Luchterhand, 208 S. Euro 18,--
Außerdem bei Luchterhand erschienen: Anihu, Neue Erzählungen. 2003, Euro 18;
Der Busfahrer, der Gott sein wollte, Erzählungen, 2001, Euro 18;
Gaza Blues. Erzählungen, 2002, Euro 8,80;
Pizzeria Kamikaze. Roman, 2000, Euro 10,40
Alle Bücher wurden von Barbara Linner aus dem Hebräischen übertragen.

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INW-ADABEI

Ringel vernissage
Martin Gärtner, Karin Prödl, Efi Stenzler, Bürgermeister von Gyvatai
und INW-Herausgeberin Joanna Nittenberg

Voices lautet der Titel einer ungwöhnliche Ausstelung im GyvataimTheater, das nicht nur ein Theater ist, sondern sich zu einem Zentrum für verschiedene kulturelle Veranstaltungen entwickelt hat.

Diesmal lud das österreichische Kulturforum unter der Leitung von Martin Gärtner in Israel zu einer Ausstellung des bekannten österreichischen Künstlers Franz Ringel ein. In den äußerst großzügigen Räumlichkeiten wurden etwa. 40 Werke aus zwei Jahrzehnten präsentiert, die einen nachhaltigen Eindruck auf das zahlreich erschienene Publikum hinterließen.

Karin Prödl in Vertretung des abwesenden österreichischen Botschafters in Israel betonte die gute Zusammenarbeit mit dem Kulturzentrum Gyvataim und dankte der Kuratorin Joanna Nittenberg für ihre beachtenswerte Initiative, Franz Ringel dem israelischen Publikum näher zu bringen.

Allein neun Werke sind dem argentinischen Poeten italienischer Herkunft Antonio Porchia gewidmet, dessen eindrucksvolle Aphorismensammlung den Titel Voices trägt. Der italienische Botschafter zeigte sich beeindruckt von der weltumspannenden Verbindung – ein österreichischer Maler präsentiert einen argentinischen Poeten italienischer Herkunft in Israel.


Hochkarätig ist die passende Bezeichnung für eine Benefizveranstaltung der Freunde der Hebräischen Universität Jerusalem im Festsaal des Wiener Rathauses: Von Außenministerin und Präsidentschaftkandidatin Benita Ferrero-Waldner (Rivale Heinz Fischer sandte eine längere Grußbotschaft) bis zu den Kapitänen von Finanz und Wirtschaft (die hoffentlich das ihrige zugunsten des Austria Centers am Universitäts Campus beitrugen) und natürlich prominente Mitglieder der jüdischen Gemeinde.

In seiner Begrüßung unterstrich Nationalbank-Gouverneur Klaus Liebscher die Bedeutung der kulturellen Zusammenarbeit zwischen Israel und Österreich, während Vizebürgermeister Sepp Rieder ein Bekenntnis der Solidarität mit Israel ablegte. Für die Hebrew University sprach Professor Jacob Hessing und sein Wiener Kollege Rektor Alfred Ebenbauer unterstrich die bedeutenden Erfolge des Studentenaustauschprogrammes zwischen den Universitäten Wien und Jerusalem.

Den Höhepunkt des Abends bildete ein Referat von Österreichs bekanntestem Journalisten Hugo Portisch über die weltweite politische Krise im Allgemeinen und eine im Nahen Osten im Besonderen. Spontanen Applaus erntete Portisch’ (den leider bisher niemand zu einer Kandidatur für das höchste Amt im Staat hatte bewegen können) für die Feststellung, dass bedauerlicherweise das Ziel maßgeblicher Mitglieder der palästinensischen Führung noch immer die Zerstörung Israels und nicht der Friede zwischen Juden und Arabern im Heiligen Land sei. Was die Frage aufwirft, warum sich die maßgeblichen Medien Österreichs vor der logischen Stellungnahme drücken.

Ellen Landesmann, die rührige Präsidentin der Freunde der Hebräischen Universität in Österreich, dankte Rednern und Publikum für ihr Kommen.


Im Zuge der Verbesserungen der diplomatischen Beziehungen zwischen Österreich und Israel hat Österreich wieder einenH Diplomaten im Botschafterrang. Bekanntlich wurden 2000 bei Antritt der schwarz-blauen Regierung die diplomatischen Beziehungen degradiert und Israel war in Österreich nur mit einem Geschäftsträger vertreten. Der Besuch in Israel von Außenministerin Ferrero- Waldner im Vorjahr und die Visite von Außenminister Shalom Sivan in Österreich brachte den Durchbruch zur Verbesserung der angeschlagenen Beziehungen.

Nach zähem Ringen wurde nun am 4. Februar Avraham Toledo wieder in den Botschafterstatus erhoben. Voraussichtlich wird er bis Ende Juni in Wien bleiben.

Über seinen Nachfolger ist noch nichts bekannt, aber nach Informationen des israelischen Außenministeriums ist der Posten in Wien ein sehr begehrter und einige Anwärter haben bereits ihr Interesse angemeldet.

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Letzte Änderung: 03.01.2012
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