Aus dem Inhalt der aktuellen Ausgabe
Edith Kramer: Stilleben am Fenster,
um 1990, Öl auf Leinwand
Die Künstlerin feiert am 29.
August ihren 90. Geburtstag.
Es gibt kaum zwei Länder, wie den Staat Israel und die Republik Österreich, deren diplomatische Beziehungen bis heute so stark von der Vergangenheit und von den Ereignissen der Geschichte geprägt sind. Die so gegenseitigen Symbole im Wien des sogenannten Fin de Siécle, Theodor Herzl und Karl Lueger, werfen immer von neuem ihre Schatten in verschiedenen Variationen auf die Geschehnisse unserer Zeit.
Die Tatsache, dass der Gründer der jüdischen Nationalbewegung und der Idee des Judenstaats, dem Zionismus, seine politische Tätigkeit in Wien am Ende des 19. Jahrhunderts begann, bildete eine besondere Affinität zwischen Jerusalem und Wien. Dass Theodor Herzl nach seinem frühzeitigen Tod 45 Jahre im Döblinger Friedhof begraben war, bis seine sterblichen Überreste, ein Jahr nach der Gründung des Staates Israel, im Sommer 1949, nach Jerusalem auf den heutigen Herzlberg überführt wurden, stärkte dieses symbolische Bündnis. So wurde es zur nationalen Tradition, dass schon 55 Jahre die jährlichen Eröffnungsfeierlichkeiten von Israels Nationalfeiertag, dem Unabhängigkeitstag, am Grab von Herzl stattfinden.
Diese seltsame Vertraulichkeit zwischen beiden Ländern hatte natürlich auch ihre Schattenseiten.
So war Israel schon 1956 bereit, diplomatische Beziehungen mit der Zweiten Republik Österreichs aufzunehmen, wenn auch vorerst auf Gesandtenebene, nachdem schon seit 1950 ein israelischer Konsul in Wien amtierte. Trotz des tobenden Antisemitismus, der in Österreich nach dem Anschluss im März 1938 herrschte, und trotz des aktiven Anteils von zehntausenden Österreichern an der Nazi-Vernichtungsmaschine, hatte Israel des Staatsgründers David Ben-Gurion Österreich gegenüber eine viel entgegenkommendere Einstellung als zur Bundesrepublik Deutschland. Dieser Schritt seitens Israels kam auch vorerst ohne jegliche wirkliche österreichische Gegenleistungen. Der junge Staat Israel, der Wert darauf legte diplomatische Beziehungen mit einem Staat im Zentrum Europas zu haben, stellte damit praktisch der Zweiten Republik einen pauschalen „Persilschein“ aus.
Im Vergleich mussten die diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und Israel bis 1965 warten, obwohl beide Länder schon 1952 ein umfangreiches Wiedergutmachungsabkommen unterschrieben hatten.
Der antisemitische Geist von Karl Lueger war auch in der Zweiten Republik öfters anwesend, in dem die Verdrängung der Mitschuld vieler Österreicher an den schlimmsten Naziverbrechen und die „erste Opfertheorie der Aggression Hitlers“ noch viele Jahre als politisches Leitmotiv galten.
Es ist kaum zu glauben, dass ein 1994 nach Israel entsandter Botschafter, Herbert Kröll, es als seine wichtige Aufgabe ansah „Tabus zu brechen“ und die Opferrolle Österreichs erneut zu betonen. Österreichs umstrittener Bundespräsident Kurt Waldheim, dessen Berater Kröll auch war, ersparte sich auch keine Worte, als er 1996 bei der Präsentation seines Buches „Die Antwort“ ganz offen über das „weltweite Netz der allmächtigen jüdischen und israelischen Lobby“ sprach, mit deren Hilfe „die Juden die Vereinigten Staaten regieren“.
Hier wirkte wieder die „Vertraulichkeit“ Israels gegenüber Österreich zur unrichtigen Entscheidung Jerusalems, während der Amtszeit von Waldheim die diplomatische Vertretung Israels in Wien von Botschafter- auf Geschäftsträgerebene herunterzulassen. Es wäre, als ob Jerusalem sich mit diesem Schritt in die interne Politik eines anderen Landes einmische, obwohl Israel, in anderen Fällen, mit vielen autoritären und sogar diktatorischen Regimen in Asien und in Südamerika volle diplomatische Beziehungen hegt. Jerusalem wiederholte diesen politischen Fehler, als Israel nach der Bildung der schwarz-blauen Koalition von Bundekanzler Schüssel mit dem damaligen FPÖ-Vorsitzenden Haider, wieder seine Vertretung in Wien auf Geschäftsträgerebene zurückstufte. Wie hätte Jerusalem reagiert, wenn andere Länder, wegen seiner umstrittenen Politik gegenüber den Palästinensern, ihre Botschafter mit Geschäftsträgern gewechselt hätten.
Die Ära Bruno Kreisky, des bisher längstregierenden Bundeskanzlers der Zweiten Republik, von 1970 bis 1983, war eines der komplizierteren Kapitel der Beziehungen zwischen Österreich und Israel. Ein langjähriger österreichischer Botschafter in Israel, Otto Pleinert, nannte diese Zeit eine „Dauerkrise“. Es war wahrscheinlich Kreiskys jüdische Abstammung, die seine besondere Vertraulichkeit mit Israels Innenpolitik verursachte und die ihn auch dazu bewegte, Österreich als Transitland für sowjetische Juden, auch nach der sogenannten „Schönaukrise“, zur Verfügung zu stellen. Das waren auch die Wurzeln seiner Überzeugung, dass Israel seinen wahren Frieden und Sicherheit nur durch gegenseitige Anerkennung und direkte Verhandlungen mit der PLO erzielen kann. Kreisky war eben seiner Zeit voraus. Das sogenannte „Oslo-Abkommen“ wurde drei Jahre nach seinem Tod, im September 1993, von Shimon Peres und Mahmoud Abbas unterschrieben.
Nach 50 Jahren können Jerusalem und Wien mit einem bestimmten Maß von Genugtuung auf die vielfältigen guten Beziehungen auf politischer, wirtschaftlicher und kultureller Ebene blicken.
Es war im Jahr 1956, als Israel und Österreich sich entschlossen, volle diplomatische Beziehungen miteinander aufzunehmen. Die Generalkonsulate in Israel und Österreich wurden diplomatische Vertretungen. Es dauerte weitere drei Jahre bis die ersten Botschafter ernannt und sie ihre Beglaubigungsschreiben dem jeweiligen Staatspräsidenten überreichten. Heute, fünfzig Jahre später, ist es noch immer interessant, diese Entwicklungen zu verfolgen. Sie spiegeln die damalige Zeit wider, geben aber zugleich einen Einblick in die Weiterentwicklung der Beziehungen.
Mehrere Politiker und Politologen in Israel wie auch in Österreich haben sich mit der Geschichte der Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern beschäftigt. Diese Tatsache alleine bezeugt, dass die Verhältnisse wenigstens interessant waren und sind. Hier möchte ich mich besonders bei den Autoren Rolf Steininger, Rudolf Agstner und Michael Gehler bedanken. Ihre Werke geben einen weiteren Überblick, der einiges in den Beziehungen auch erklärt.
Und jetzt versuchen wir einmal die Entwicklung der Beziehungen zu verfolgen. Israel hat am 14. Mai 1948 seine Unabhängigkeit erklärt. In der Sitzung des österreichischen Ministerrats vom 18. Mai 1948 berichtete Bundeskanzler Leopold Figl: „In der vergangenen Woche wurde der neue Staat Israel gegründet.“ Der Ministerrat nahm den Bericht zur Kenntnis. Wenige Monate später, im September 1948, entsandte Israel Dr. Daniel Lewin als „Agent consulaire“ nach Österreich, wo ihm allerdings klargemacht wurde, dass er in dieser Funktion nicht anerkannt werden könne, „da der Staat Israel in Österreich noch nicht anerkannt sei“. Lewin amtierte dann in inoffizieller Funktion in Salzburg. Er war von der US-Besatzungsmacht offiziell anerkannt und bevollmächtigt, jüdischen DPs Visa auszustellen.
Am 15. März 1949 beschloss der Ministerrat, Israel de facto anzuerkennen und Bundeskanzler Figl zu ermächtigen, Lewin von diesem Beschluss in Kenntnis zu setzen. Am 11. April 1949 sandte Außenminister Karl Gruber seinem israelischen Kollegen Moshe Sharett ein Telegramm mit dem folgenden Inhalt: Ich freue mich, Eurer Exzellenz mitteilen zu können, dass die österreichische Bundesregierung den Staat Israel de facto anerkannt hat. Bei diesem Anlass möchte ich auch der Hoffnung Ausdruck geben, dass eine baldige Aufnahme der Beziehungen zwischen unseren Ländern möglich sein wird.
Am 10. Januar 1950 beschloss der Ministerrat in Tel Aviv ein Generalkonsulat zu errichten. Der erste österreichische Konsul, Karl Hartl, traf am 31. Januar 1950 in Tel Aviv ein, zwei Tage nach einem heftigen Schneesturm, der über Israel hinweggefegt war. Die offiziellen Beziehungen zwischen dem Staat Israel und der Republik Österreich hatten begonnen. Am 4. April 1950 beschäftigte sich das Kabinett Figl mit der „Erteilung des Exequaturs an den Konsul des Staates Israel, Dr. Daniel Kurt Lewin“. Das Exequatur wurde am 17. April 1950 von Bundespräsident Dr. Karl Renner unterzeichnet und kurz danach vom Protokollchef an Dr. Lewin übergeben. Ende April meldete Dr. Lewin seine Ernennung dem Beobachtungsausschuss der Alliierten. Im Oktober des gleichen Jahres folgte Arie Eshel Dr. Lewin als Israels Konsul in Wien und eröffnete das erste Konsulat in der Kolingasse 19. Ab 1. August 1955 war Arie Eshel Generalkonsul. Im Januar 1952 wurde Karl Hartl Generalkonsul in Tel Aviv und zugleich Doyen des Konsularkorps. Österreichs Generalkonsulat befand sich in einer Villa in der Hayarkon Straße 84 in Tel Aviv. Hartl verließ Israel am 1. März 1955, um in Wien seinen Dienst im Büro des damaligen Staatssekretärs Dr. Bruno Kreisky anzutreten. Sein Nachfolger, Kurt Enderl, traf am 29. März 1955 als Generalkonsul in Tel Aviv ein.
Ein Jahr später, am 14. Februar 1956, informierte Außenminister Leopold Figl den Ministerrat, „dass Israel bereit sei, diplomatische Beziehungen zu Österreich aufzunehmen. […] Israel […] beabsichtige, in Wien eine Gesandtschaft zu errichten und den als Generalkonsul vorgesehenen Herrn Shmuel Bentsur als ao. Gesandten und bev. Minister zu ernennen“.
Am 21. Februar 1956 beschloss der Ministerrat Figl zu ermächtigen, der israelischen Regierung mitzuteilen, dass Österreich bereit ist, die diplomatischen Beziehungen mit Israel aufzunehmen und in Tel Aviv eine Gesandtschaft zu errichten; gleichzeitig wurde dem israelischen Gesandten Shmuel Bentsur das Agrément erteilt.
Mit Wirkung vom 29. März 1956 wurde Österreichs Vertretung Tel Aviv in eine Gesandtschaft umgewandelt. Am 8. Mai übergab Enderl sein Einführungsschreiben Außenminister Sharett. Erst am 5. November 1957 beschloss die Bundesregierung auf Antrag Figls, die Beglaubigung des Legationsrats 2. Klasse Dr. Kurt Enderl als ao. Gesandter und bev. Minister in Tel Aviv. Am 2. Januar 1958 überreichte Enderl schließlich sein Beglaubigungsschreiben als österreichischer Gesandter an Israels Staatsoberhaupt Yitzhak Ben Zvi.
Am 12. Juli 1958 übernahm Dr. Ernst Luegmayer mit der Überreichung seines Beglaubigungsschreibens die Leitung der Gesandtschaft. Am 14. Juli 1958 erklärte er dem stellvertretenden Generaldirektor im Außenministerium in Jerusalem, Moris Fischer, dass der Grund für die Nichterhöhung der Gesandtschaft zu einer Botschaft mit einer Regierungskrise in Österreich zu tun habe. Im November des gleichen Jahres wird Yehezkiel Sahar Gesandter Israels in Wien. Ein Jahr später erfolgte endlich die Erhöhung der diplomatischen Beziehungen zwischen Israel und Österreich auf Botschafterebene.
Am 24. Juni 1959 legte Bundeskanzler Julius Raab dem Ministerrat einen Antrag betreffend der „Erhöhung der österreichischen Gesandtschaft in Tel Aviv und der israelischen Gesandtschaft in Wien“ vor. Als Begründung hieß es: Die israelische Regierung hat durch den israelischen Gesandten in Wien ihren Wunsch auf Rangerhöhung der beiderseitigen diplomatischen Vertretungsbehörden zu Botschaften zum Ausdruck gebracht. Mit Rücksicht auf den Umstand, dass die Erhöhung der österreichischen Gesandtschaften in Kairo und Beirut zu Botschaften bereits in die Wege geleitet wurde, erscheint es aus politischen Gründen angezeigt, auch im Verhältnis zu Israel die Umwandlung der beiderseitigen Gesandtschaften zu Botschaften vorzunehmen und den in Tel Aviv akkreditierten Gesandten Dr. Ernst Luegmayer zum ao. und bev. Botschafter in Israel zu ernennen.
Am 7.5.1959 wurde der Gesandte Yehezkiel Sahar ins Außenministerium in Wien geladen und es wurde ihm die offizielle Entscheidung der österreichischen Regierung mitgeteilt, die Gesandtschaft auf die Ebene einer Botschaft aufzuwerten. Dies entsprach der generellen Politik Österreichs, mit freundschaftlichen Ländern die Beziehungen auf Botschafterebene zu erhöhen.
Am 30.7.1959 übergab Botschafter Yehezkiel Sahar Außenminister Bruno Kreisky die Kopie seines Beglaubigungsschreibens als erster Botschafter Israels in Wien; in diesem Gespräch erklärte Kreisky, dass der Präsident den neuen Botschafter wegen seines Sommerurlaubes nicht vor September empfangen könne.
Im September 1959 übergab Yehezkiel Sahar sein Beglaubigungsschreiben dem österreichischen Präsidenten.
Dr. Ernst Luegmayer überreichte sein neues Beglaubigungsschreiben am 3. September 1959; damit stand auch Österreichs diplomatische Vertretung in Tel Aviv im Rang einer Botschaft.
Wie oft in der Geschichte, so auch in den Beziehungen zwischen Israel und Österreich, ist es nicht immer leicht einen Zeitpunkt festzustellen, an dem eine Entwicklung beginnt. Die Anfänge dieser Beziehungen sind in dem damaligen historischen Rahmen zu sehen. Über die Jahrzehnte erlebten unsere Beziehungen Höhen, aber auch so manche Tiefen. Heute, fünfzig oder sogar sechzig Jahre später, können wir von den Erfahrungen lernen und uns für eine noch bessere Zukunft einsetzen.
Sehr geehrte Leser der Illustrierten Neuen Welt!
Seitdem im Jahr 1956 das österreichische Generalkonsulat in Tel Aviv in eine Gesandtschaft umgewandelt wurde, bestehen diplomatische Beziehungen zwischen den Staaten Israel und Österreich. Dieses Jahr begehen wir also einen runden Jahrestag – aber nicht nur das Jubiläum gibt Anlass zur Freude: Es herrscht heute ein exzellentes Gesprächsklima und die bilateralen Beziehungen sind von einer offenen Haltung und einer freundschaftlichen Atmosphäre geprägt.
Der Ihnen allen bekannte erste Chefredakteur dieser Zeitung, der österreichische Journalist und politische Vordenker Theodor Herzl, hat die Basis zur Gründung des Staates Israel geschaffen. Nach einer schrecklichen Periode des österreichisch-jüdischen Verhältnisses in der Zeit des Nationalsozialismus haben wir nun nach einigen Jahrzehnten zu dem gegenseitigen Vertrauen gefunden, das Voraussetzung für eine erfolgreiche und konstruktive Zusammenarbeit ist.
Ich freue mich, gemeinsam mit zahlreichen öffentlichen und privaten Partnern und Freunden in Israel und Österreich, auf eine Reihe von Feierlichkeiten anlässlich dieses runden Jahrestages blicken zu können. Das dichte Programm umfasst einen bunten Reigen von Veranstaltungen aus den Bereichen Kunst, Kultur, Wissenschaft, Erziehung, Forschung, Jugendaustausch und interreligiöser Dialog.
Ich hoffe, dass Sie, liebe Leser der Neuen Illustrierten Welt, Gelegenheit dazu haben werden, an der einen oder anderen Veranstaltung in Israel oder in Österreich teilzunehmen. Nach diesem ersten halben Jahrhundert der diplomatischen Beziehungen wünsche ich uns allen viele weitere Jahrhunderte des freundschaftlichen Verhältnisses zwischen Österreich und Israel.
Ihr
Dr. Kurt Hengl
Botschafter Österreichs in Israel
Wer Gentechnologie hört, denkt normalerweise an umstrittene Schafe und Pharmagiganten. Doch Professor Oded Shoseyov von der Hebräischen Universität in Jerusalem will in seinem Labor Umweltprobleme lösen. Stolz präsentiert er seine Experimente, in denen er mit Hilfe genetischer Manipulationen Bäume und Sträucher drei Mal größer als normal werden lässt. Seine Kartoffeln und Tomaten wachsen in Rekordzeit. Damit will er ein globales Problem bekämpfen helfen, dem die UNO den Weltumwelttag 2006 gewidmet hat: die Verwüstung der Erde, Desertifikation genannt. War Desertifikation früher fast ausschließlich die Sorge der Entwicklungsländer, ist heute jeder Staat davon berührt. Selbst in Europa sind 12 Prozent der Fläche von Landverödung bedroht. Als bevorzugtes Einwandererziel von Millionen Umweltflüchtlingen ist die EU auch indirekt von der Verwüstung betroffen. Trockengebiete machen rund 40 Prozent der Erdoberfläche aus und rücken ständig weiter vor. Etwa zwei Milliarden Menschen, ein Drittel der Weltbevölkerung, leben dort. Sie sind die Ärmsten der Armen. Die Kindersterblichkeit ist zehn Mal so hoch wie in der westlichen Welt. Der Kampf um immer spärlichere Ressourcen führt zu Kriegen. Die Degradierung der Trockengebiete durch Überweidung, unangepasste ackerbauliche Nutzung und Entwaldung kostet die Weltwirtschaft rund 32 Milliarden Euro im Jahr.
Gerade der Industriestaat Israel hat in diesem Bereich viel Erfahrung, sind doch 60 Prozent des Landes Wüste. Ein Großteil des Landes leidet an Wasserknappheit, im Süden fallen weniger als 3 cm Regen im Jahr. So setzt der Wüstenstaat unter anderem auf Wasserentsalzung, um die Wüste blühen zu lassen. In Aschkelon wurde die größte Wasserentsalzungsanlage der Welt errichtet, die 100 Millionen Kubikmeter Wasser jedes Jahr liefern kann, rund ein Siebtel des gesamten Wasserbedarfs. Doch vor allem für Entwicklungsländer, deren Wirtschaft zum großen Teil auf Landwirtschaft beruht, ist die Entsalzung zu teuer. In Israel sucht man deswegen nach anderen Lösungen, um Wasser zu sparen. Israelische Ingenieure erfanden gezielte Bewässerungssysteme, die das Wasser den Pflanzenwurzeln tropfenweise direkt zukommen lassen. Weiterhin versucht man durch Wiederverwertung von geklärtem Wasser jeden Tropfen mehrmals zu nutzen. Nach einer Investition von rund einer Milliarde € klären und recyceln wir heute etwa 80 Prozent des Wassers aus dem urbanen Bereich, erklärt der Dekan der Schule für Landwirtschaft der Hebräischen Universität, Professor Eli Feinerman. Unsere Absicht ist, dass bis zum Jahr 2010 unsere Plantagen zur Hälfte aus recyceltem Wasser bewässert werden.
Das Klären von Wasser ist eine kostspielige Angelegenheit. Wasser wird zunehmend zu einem einträglichen internationalen Geschäft mit einem jährlichen Umsatz von etwa 310 Milliarden Euro und Zuwachsraten von 8 Prozent. Dabei ist es ein brennendes Problem. „Mehr als eine Milliarde Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Wasser. Jedes Jahr sterben deswegen 6 Millionen Kinder”, klagt Professor Avner Adin, der sich mit Klärtechnologie befasst. In Kooperation mit deutschen Forschern verbesserte er die langsame Sandfiltrationsmethode, die leicht zu bedienen und kostengünstig ist. „Die meisten Schmutzpartikel im Wasser sind negativ geladen. Sie stoßen sich gegenseitig ab und bilden deswegen kein Sediment“, so Adin. Mit seinem neuartigen Verfahren der „Elektroflokulation“ wird die Ladung neutralisiert. Schmutz und Bakterien setzen sich ab, das Wasser wird schneller trinkbar. In vielen Drittweltländern wird diese Technologie bereits angewandt.
Die zionistische Bewegung setzte sich seit ihrer Gründung vor mehr als 100 Jahren die Rückdrängung der 12.000 qkm großen Negevwüste zum Ziel. An allen Fronten wird hier versucht, der Wüste einen Lebensunterhalt abzugewinnen. Die Tochterorganisation Keren Kayemeth pflanzte seither mehr als 200 Millionen Bäume und forstete so etwa 9 Millionen qm wieder auf. Dieser Trend soll nun auch in den Entwicklungsländern Fuß fassen, in denen in jeder Sekunde rund 10.000 qm Wald zerstört werden. „Menschen brauchen Holz vor allem für Papier und zum Heizen, und die elektronische Revolution hat den Bedarf an Papier nur exponentiell gesteigert“, erklärt Professor Shoseyov. Die Entwaldung hat weit reichende Konsequenzen für Klima, Wirtschaft und Bodenqualität. Indem er ein Gen in den Pflanzen verstärkte, gelang es Shoseyov jetzt, Bäume schneller und größer wachsen zu lassen. In Thailand und Brasilien wird diese Technologie bereits erfolgreich eingesetzt. So können wir zerstörte Wälder schneller regenerieren. Auch für wasserarme Staaten bieten die flinken Pflanzen einen Vorteil: da sie für kürzere Zeit bewässert werden müssen, benötigen die Genkartoffeln ein Fünftel weniger Wasser.
Forscher und Politiker sind sich inzwischen einig, dass die Desertifikation eines der dringendsten Probleme der Menschheit ist. Eine Antwort darauf kann nur in multidisziplinärer Zusammenarbeit gefunden werden. Moses ließ Wasser fließen, indem er mit seinem Stab auf einen Felsen schlug. So weit sind wir leider noch nicht, klagt Adin. Doch die Erfolge der Forscher hier zeigen, dass auch Einfallsreichtum und Initiative die Wüste blühen lassen und damit kleine Wunder bewirken. Gil Yaron
Josh Bolten, der Nachfolger Andrew Cards im Posten des Stabschefs des Weißen Hauses, hat eine der schwierigsten Aufgaben in Washington übernommen. Er hat die unter dem Irakkrieg, innenpolitischen Schwierigkeiten, sinkenden Popularitätszahlen des Präsidenten, steigender Inflationsgefahr und innerparteilichen Konflikten mit Republikanern in beiden Häusern des Kongresses leidende zweite Amtszeit Bushs wieder in Schwung zu bringen. Wie Card, ist auch Bolten ein Bush-Loyalist der ersten Stunde, berüchtigt ob seiner Effizienz, ein echter Profi in einer Stadt voller Super- Egos. Was die republikanischen Bosse allerdings erwarteten war eher ein prominenter Outsider, ein altgedienter republikanischer Politiker, statt eines relativ jungen Bush-Insiders.
Josh Bolten, Staabschef im Weißen Haus
Als Sohn eines CIA-Beamten und Professors an der George Washington University wuchs Bolten in Washington auf, absolvierte 1974 die Princeton University’s Woodrow Wilson School of Public and International Affairs und 1980 die Juristische Fakultät der Stanford University. Nach seiner Rückkehr nach Washington arbeitete er als Anwalt im State Department und im Finanzausschuss des Senats. Bis zu seinem Aufstieg ins Amt des Stabschefs diente er als Rechtsberater des USHandelsbeauftragten und als Stellvertretender Rechtsberater des Präsidenten für legislative Fragen. Zwischen der ersten und zweiten Amtszeit Bushs war Bolton Exekutivdirektor von Goldman Sachs International in London. Er erkämpfte ein 15 Milliarden Dollar-Budget für den Kampf gegen AIDS rund um die Welt und wurde schließlich Direktor des Office of Management and Budget, das den Jahreshaushalt der USA in der Höhe von 2.8 Trillionen Dollar überwacht.
Sein Büro im Dwight D. Eisenhower-Gebäude, anschließend ans Weiße Haus, widerspiegelt seine Persönlichkeit. Statt es mit Bush- Bildern zu füllen, hängt ein Porträt Eisenhowers in Uniform über dem Kamin, auf dem eine Menorah steht. An seiner Tür ist eine Mesusa angebracht. Bolten ist ein bewusster und stolzer Jude, den Washingtons Chabad-Direktor, Rabbi Levi Shemtov, einen „quintessential American Jewish public servant“ nennt. Er ist nicht der erste jüdische Stabschef im Weißen Hause: Ken Duberstein hatte diese Funktion während der Reagan- Ära inne. Als Bolton vom Präsidenten in einer seiner ersten Kabinettssitzungen aufgefordert wurde, das übliche Gebet anzuführen, betete er in Englisch und Hebräisch für das Wohl der US-Regierung. Es gab im Weißen Hause kein jüdisches Ereignis, an dem Bolton nicht mitgewirkt hätte – sei es, wenn dort die Chanukka-Kerzen angezündet oder die Megillat Esther zu Purim gelesen wurde.
Jüdische Kabinettsmitglieder sind keine Seltenheit in Amerika: Clinton hatte mehrere von ihnen. Aber in republikanischen Kabinetts waren sie früher eher eine Rarität. Jetzt sitzt neben Josh Bolton auch Michael Chertoff am Kabinettstisch, der Rabbiner-Sohn, der zum Minister für Nationale Sicherheit aufgestiegen ist. Seit Boltons Ernennung im März gab es viele personelle wie politische Änderungen, die er selber initiiert hatte. Es ist eine von der Presse wiederholt betonte Tatsache, dass er das Weiße Haus wieder belebte. Aber Bolton leitete eine Evolution, keine Revolution ein. Er ist allgemein beliebt und als fairer und hart arbeitender Boss geschätzt. Jeder kennt seine engen Beziehungen zu Bush, denn Bolten war ein Mann der ersten Stunde, der von Anfang an zum Stab des vormals texanischen Gouverneurs gehörte. Deshalb gab es auch in Parteikreisen, geschweige denn bei der Opposition, manche Bedenken. Bolten wäre nicht das „frische Blut“, das diese Administration benötigte. Bush setzte sich über solche Bedenken hinweg. Er gab Bolten eine „vollständige Lizenz Leute zu heuern oder zu feuern, um das Weiße Haus zu reaktivieren“, wie es die konservative PR-Strategin des Vizepräsidenten Cheney, Mary Matalin, im Fernsehen formulierte.
Vom Augenblick seines Einzuges ins neue Amt an, ließ Bolten keine Zweifel daran, dass er personale Veränderungen in der Administration vorzunehmen gedenkt. Auf seinen Vorschlag hin wurde das von Bolten verlassene Amt des Office of Management and Budget-Direktors mit dem bis dahin als US-Handelsbeauftragten wirkenden (gleichfalls jüdischen) Rob Portman besetzt, der einst als Abgeordneter von Ohio im Repräsentantenhaus saß und als Handelsbeauftragter neue Handelsverträge mit Bahran, Oman, Kolumbien und Peru ausgehandelt hatte. Portmans Posten wurde von Susan Schwab übernommen, die seit mehr als zwei Jahrzehnten im Dienste des amerikanischen Außenhandels verschiedene Posten bekleidet hatte.
Dem ökonomischen Team des Präsidenten hatte Bolten neuen Aufschwung gegeben. Finanzminister John W. Snow wurde durch den Chef des Wall Street-Giganten Goldman Sachs, Henry Paulson, ersetzt. Auch der Pressechef und Sprecher des Weissen Hauses, Scott McClellan, ging und für diese Position wurde der Fernsehjournalist Tony Snow vom Fox-Fernsehnetz ausgewählt. Tony Snow ist nach Ari Fleischer und Scott McClellan der dritte Sprecher der Bush-Administration. Josh Bolten, dem Bush den Nicknamen „Yosh“ gab, operiert mit absoluter Loyalität gegenüber dem Boss und einer Bescheidenheit und Zurückgezogenheit, die manche auf seine Abstammung als Sohn eines CIABeamten zurückführen. Auf seinem Schreibtisch soll Monate hindurch eine kleine Tafel mit der Frage gestanden haben: „Wer sonst muss es wissen?“ Jahrelang weigerte er sich von den Medien interviewt zu werden. In vieler Hinsicht ist „Yosh“ eine Studie in Widersprüchen. Er besuchte dieselbe private und anspruchsvolle Mittelschule wie der frühere Vizepräsident Al Gore, fuhr aber jahrelang in einem alten Mini-Lastauto ins Weiße Haus. Er sieht wie einer der „Ivy League“- Absolventen aus, der er wirklich ist, spielte aber Gitarre in einer Rock-Band in der Mittelschule. Er ist ein Junggeselle, der Aufsehen in „Bushland“ erregte, als er mit dem Filmstar Bo Derek beim Republikanischen Parteikonvent erschien.
Ein Outsider als Washingtoner im vorwiegend texanischen innersten Zirkel des Präsidenten, hatte Bolten Bush nie zuvor getroffen, als er im Jahre 2000 zum politischen Spitzenberater der Wahlkampagne angeheuert wurde. Er gab seinen prestigereichen und wohl dotierten Posten bei Goldman Sachs auf und gewann im Handumdrehen das Vertrauen des texanischen „Eisernen Dreiecks“: des Politstrategen Karl Rove, des Kommunikationsgurus Karen Hughes und des Kampagne-Managers Joe Albaugh. Von da an war es ein steiler Aufstieg. Er wurde von Bush zum Vorsitzenden des „Domestic Consequences Principals Committee“ ernannt, dessen Auftrag nach dem Anschlag vom 11. September es war, rasch eine Politik der Reaktionen auf Terroranschläge zu entwickeln. Boltens Committee hatte Terrorabwehr- Gesetzgebung und Beihilfe für Terroropfer zu entwerfen, von Arbeitslosen infolge von Anschlägen bis zu der in Mitleidenschaft gezogenen Luftfahrt- und Versicherungsbranche.
Mit seinem Aufstieg zum Stabschef des Weißen Hauses kam allerdings ein Preis: Josh Bolten musste auf seine Vorliebe für Diskretion und Fernbleiben von den Scheinwerfern verzichten. Und das alte Lastauto musste er gleichfalls zu Gunsten einer chauffierten Limousine aufgeben.
Zeev Barth
Bis zum 31. Juli zeigt die ESRA (1020 Wien, Tempelgasse 5) Fotomontagen aus den Jahren 1932/33 von Friedl Dicker. Gestaltet wurde die Ausstellung von Angelika Romauch, die in ihrer Diplomarbeit erstmals diese Serie wissenschaftlich analysiert hat. Eine spannende Podiumsdiskussion mit hochkarätiger Besetzung (Daniela Hammer-Tugendhat, Angelika Romauch, Ferdinand Lacina und Jan Tabor) unter der Moderation von Doron Rabinovici bereicherte die Ausstellungseröffnung vor zahlreich erschienenem Publikum.
In diesen vielschichtigen, bis dato kaum rezipierten Arbeiten von Friedl Dicker wurden Bilder, Texte und Statistiken kombiniert. Kleinteilig setzte sie Themenfelder zu politischen Aussagen zusammen und zeigte dadurch einen kritischen Blick auf die Gesellschaft: den vom Kapitalismus ausgebeuteten und unterdrückten proletarischen Menschen. Kulturelles, politisches, ökonomisches, privates und öffentliches verschmelzen miteinander: Geburtenregelung, Wirtschaftskrise, Nationalsozialismus, Erziehung, Ernährung, Wohnen oder auch Arbeitslosigkeit wurden von der Künstlerin in diesen Fotomontagen, die in Form von Glasnegativen überliefert sind, thematisiert. Es sind Lesebilder, die vielfältige Aussagen vermitteln und bezugsimanenten Charakter haben, in denen nicht ausschließlich der Text allein zu entziffern ist. Während in Deutschland politische Fotomontagen bekannt sind, ist diese künstlerische Ausdrucksform in Österreich in Vergessenheit geraten, wie das Beispiel Friedl Dicker zeigt. Oder lag es daran, dass sie eine Frau war, eine Jüdin, eine Kommunistin?
Dicker, 1898 in Wien geboren, besuchte die Kunstgewerbeschule in Wien, studierte zunächst bei Johannes Itten in dessen Privatschule und anschließend bei ihm am Bauhaus in Weimar wo sie mit zahlreichen Künstlern Kontakt hatte, wie mit Walter Gropius, Oskar Schlemmer oder Paul Klee. Bereits während ihrer Ausbildung arbeitete sie mit Franz Singer als Bühnenausstatter für mehrere Schauspielhäuser in Berlin und Dresden. Nach Abschluss des Studiums zogen die Beiden nach Berlin und gründeten die „Werkstätten Bildender Kunst“, in der kunstgewerbliche Gegenstände entworfen wurden. Bis 1931 leitete die vielseitige Künstlerin, die auch ein malerisches und zeichnerisches Werk überliefert ist, in Wien mit Singer ein Architekturbüro. Drei Jahre später wurde sie während des Februaraufstandes wegen ihrer kommunistischen Aktivitäten festgenommen. Nach ihrer Freilassung emigrierte sie nach Prag. 1938 hatte Dicker ein Visum zur Emigration nach Palästina, das sie aber als Pflichtbewusstsein gegenüber der ihr anempfohlenen Kindern ausschlug. 1942 wurde Dicker nach Theresienstadt deportiert, wo sie Zeichenkurse für Kinder organisierte, denn sie glaubte nach einer Psychoanalyse an die therapeutische Wirkung des Zeichnens. Weiters gestaltete sie dort auch Bühnenbilder und Kostüme für Theateraufführungen. 1944 wurde Friedl Dicker in Auschwitz ermordet.
P. S.
Mehr über Friedl Dicker in
Tulga Beyerle / Karin Hirschberger: "Designlandschaft Österreich 1900–2005", Birkhäuser 2006, 256 S., 220 Farbbilder, 44 s/w-Abbildungen, € 24.90.
Das schwarze Auge, Selbstporträt
Anlässlich des 90. Geburtstages zeigte die Galerie Kovacek Bilder von Edith Kramer, einer in Österreich zu wenig bekannten Künstlerin. Mit dem von ihr vertretenem Realismus trifft sie den Nerv unserer Zeit, hat doch diese Kunstströmung gegenwärtig bei uns wieder Hochkonjunktur. Edith Kramer ist nicht nur Malerin, sie gilt als Pionierin der Kunsttherapie. Sie hat unterrichtet, mehrere Bücher geschrieben und Vorträge gehalten.
Edith Kramer wurde am 29. August 1916 in Wien als Tochter von Richard und Josefine Kramer (geb. Neumann), geboren. Ihr Onkel war der Lyriker Theodor Kramer und ihre Tante die Schauspielerin Elisabeth Neumann-Viertel. Die Ehe der Eltern bestand viele Jahre nur aus einem eher losen Kontakt. Dadurch wuchs die Künstlerin bei ihrer Mutter und ihrer Tante, die in erster Ehe mit dem Psychoanalytiker und Pädagogen Siegfried Bernfeld verheiratet war, auf. Ein Haus am Grundlsee, das Elisabeth Neumann als Hochzeitsgeschenk von ihrem Vater bekam, wurde zum Sommer-Treffpunkt für Intellektuelle, KünstlerInnen, WissenschafterInnen, SchauspielerInnen, PolitikerInnen und JournalisteInnen. Die sogenannten Linksfreudianer um Bernfeld trafen sich somit wenige Kilometer entfernt vom Erholungsort, an dem sich der Vater der Psychoanalyse Sigmund Freud auf Sommerfrische aufhielt.
Bereits als fünfjährige erhielt Edith Kramer den ersten Zeichenunterricht bei Trude Hammerschlag, einer Franz Cizek-Schülerin. Die Familie zog aber ein Jahr später nach Berlin, wo das Mädchen das Landschulheim Letzlingen besuchte. 1929 nach Wien zurückgekehrt, wurde sie Schülerin der Schwarzwaldschule, die von Eugenie Schwarzwald 1901 gegründet wurde und in der erstmals Mädchen maturieren konnten. Kramer nahm wiederum den Unterricht bei Hammerschlag auf und belegte Kurse bei der Bauhaus-Künstlerin und Kunstpädagogin Friedl Dicker. Vermutlich beeinflusste deren Kenntnis über die Zeichentherapie für Kinder auch Kramers Interesse daran.
Stilleben mit Maske, 1985
Nach der Matura folgte Edith Kramer der aufgrund ihrer kommunistischen Aktivitäten nach Prag geflüchteten Dicker. Von dort aus pendelte sie nach Wien, um bei Fritz Wotruba das Modellieren zu lernen. Ab 1935 begann Kramer bei Annie Reich eine Analyse und besuchte die psychoanalytisch-pädagogische Arbeitsgemeinschaft von Steff Bornstein. 1937 beging ihre Mutter Josefa Kramer-Neumann Selbstmord. Daraufhin emigrierte die Familie sukzessive nach Amerika – Edith Kramer gelangte mit einem Schiff von Danzig nach New York. Kramer fand eine Arbeit als Handwerkslehrerin in „The Little Red Schoos Hose” in Greenwich Village und setzte ihre Psychoanalyse bei der ebenfalls geflüchteten Annie Reich fort.
1948 kehrte ihre Tante mit ihrem zweiten Ehemann Berthold Viertel nach Österreich zurück. Edith Kramer begleitete sie und bereiste auch England und Frankreich, wohnte aber weiterhin in New York und gab sich ihren zwei Leidenschaften, der Malerei und der Therapie, hin. Sie schrieb Bücher, wie „Art Therapy in a Children’s Community” und „Art as Therapy with Children” – letzteres wurde in sieben Sprachen übersetzt und gilt nach wie vor als Standardwerk für KunsttherapeutInnen. Kramer arbeitete Kunsttherapieprogramme für psychisch gestörte Kinder aus den Slums aus. Auch für Krankenhäuser entwickelte sie Programme. Durch ihre Lehrtätigkeit an Universitäten und Ausstellungen eigener Werke machte sie sich in den Staaten einen Namen.
Das Hauptgewicht der Arbeit Edith Kramers liegt auf der heilenden Wirkung der Kunst bzw. des Kunstschaffens – im Unterschied zu jener Kunsttherapie, bei der die bildnerischen Produkte des Patienten in erster Linie als Hilfsmittel in der Psychotherapie dient. Bewusst tritt Kramer als Kunsttherapeutin auf, nicht als Psychotherapeutin.
Union Square Station-14th Street, NY, 1992
Nach dem Tod ihrer Tante erbte sie deren Haus am Grundlsee. Die Künstlerin verbringt nun die Wintermonate in New York und die Sommermonate in diesem Haus bzw. in einer Almhütte im Eibl. Obwohl sie das Haus am Grundlsee besitzt, malt sie in der Hütte fernab jeglicher Zivilisation ohne elektrisches Licht, Wasser und Telefon. Zu ihrem 80. Geburtstag erhielt Edith Kramer im Rahmen des „Weltkongresses für Psychotherapie” das Silberne Ehrenkreuz der Stadt Wien verliehen, und 2003 bekam sie das Große goldene Verdienstkreuz des Landes Steiermark.
In ihren gegenständlichen, zu Beginn leicht expressiven, später fast realistischen Bildern setzt sich die Künstlerin mit ihrer Umwelt auseinander und malt Stilleben, Stadt- und Landansichten, Porträts, Selbstporträts und Eindrücke ihrer Umgebung, wie beispielsweise Szenen aus der New Yorker U-Bahn. Schonungslos offen zeigt sie graffitibeschmierte U-Bahnwände und die New Yorker StadtbewohnerInnen. In einem Bild ist ein auf der Bank ausgestreckt Schlafender dargestellt. Neben den weitschweifenden Landschaftsbildern rund um den Gundlsee und New Yorker Stadtbildern zeigen die Bilder, die in ihrer Wohnung entstehen einen knappen Ausschnitt auf beispielsweise Objekte vor einem Fenster, die mit dem Hintergrund, der Stadt, korrespondieren. In einem um 1990 entstandenen Stilleben am Fenster befinden sich Blütenzweige in verschiedenen Behältern. Hinter dem Fensterrahmen türmt sich ein rötliches Gebäude mit Fenstern auf und fängt als Hintergrund die Szene auf. In ihren Selbstporträts blickt Edith Kramer nicht aus dem Bild, sondern ihr Blick scheint in sich gekehrt nichts außerhalb des Bildes zu fixieren. Als Hintergrund fungiert in zwei Bildern wiederum ein Fensterausschnitt, der die Lichter New Yorks zeigt. Durch ihre Malerei gewinnen wir beispielsweise auch einen faszinierenden Blick in die soziale Lebensrealität der amerikanischen Großstädte oder erleben Naturszenen in den USA und Österreich aus ungewohnten, im besten Sinne eigentümlichen Blickwinkeln. Und wir erhalten auch Einblick in Kramers private Objekte der Kontemplation – auch ein Fensterbrett mit Pflanzen kann viel von einer Lebenshaltung verraten, schreibt Matthias Boeckl im Katalog „Edith Kramer. Wien – New York. Malerin zwischen den Welten”.
Petra M. Springer
Am 5. Mai 2006 fand die internationale Konferenz, Face the Music/Musik.Verfolgung. Freiheit.‘ mit einer fulminanten Aufführung der Kinderoper "Brundibár" von Hans Krása (1899 Prag–1944 Auschwitz) durch die Gumpoldskirchner Spatzen und dem Wiener Jeunesse Orchester (Leitung Herbert Böck), in Anwesenheit von Zeitzeugin Greta Klingsberg ihren krönenden Abschluss. Greta Klingsberg, eine geborene Wienerin, hatte als Kind über 50 Mal im Getto Theresienstadt die weibliche Hauptrolle der ,Aninka‘ gespielt und gesungen, bevor sie nach Auschwitz weiterdeportiert wurde. Durch einen glücklichen Zufall hat sie die Shoah überlebt, ihre kleine Schwester wurde in Auschwitz vergast.
Am gleichen Tag war von den Konferenzteilnehmern eine Resolution zur Gründung einer ,Europäischen Plattform für vom Nationalsozialismus verfolgte Musik‘ verabschiedet worden, die mittlerweile von über 200 Institutionen und Einzelpersonen unterzeichnet wurde. Zielsetzung dieser Plattform soll es sein, das Schicksal und das Schaffen der vom Nationalsozialismus verfolgten und ermordeten Musiker in Erinnerung zu halten und nachhaltig ins öffentliche Bewusstsein zu rücken als lebendiges Mahnmal gegen Intoleranz und Gewalt und für Respekt und Menschlichkeit.
Dazu gehört auch das Lobbying auf europäischer Ebene, das heisst als gemeinsames Sprachrohr der im Dienste der vom Nationalsozialismus verfolgten Musik tätigen Personen und Institutionen auf den Gesetzgeber einzuwirken, um die kontinuierliche Förderung der wissenschaftlichen wie künstlerischen Aufarbeitung und Pflege sowie die pädagogische Vermittlung dieses gemeinsamen europäischen Kulturerbes (Dokumentation, Forschung, Ausgaben, Ausstellungen, Konzerte, Aufnahmen, mediale Vermittlung usw.) zu gewährleisten und sich für deren Bewahrung einzusetzen.
Die Konferenz mit Konzertreihe ,Face the Music/Musik.Verfolgung.Freiheit‘ wurde auf Vorschlag des Außenministeriums für auswärtige Angelegenheiten anlässlich der EU-Präsidentschaft Österreichs von der Plattform Kultur-Mitteleuropa in Kooperation mit dem Verein Orpheus Trust, der für Teile des Konzepts, und im besonderen für die Gründung der ,Europäischen Plattform‘ verantwortlich war und auch einen Teil der Kosten mitgetragen hat, veranstaltet.
Eröffnet wurde die Konferenz am 3. Mai im Wiener Konzerthaus mit Vorträgen der Tochter Erich Zeisls und Schwiegertochter Arnold Schoenbergs, Barbara Zeisl Schoenberg sowie dem ehemaligen Präsidenten der Republik Litauen, Vytautas Landsbergis. Das Musikprogramm des Abends demonstrierte an Hand von Streichtrios von Roman Haubenstock-Ramati (1919 Krakau-1994 Wien) und Joszef Koffler (1896 Stryi –1943/44 Getto Wieliczka) sowie mit Liedern von Erich Zeisl (1905 Wien-1959 Los Angeles) die Breite und Qualität des musikalischen Spektrums jener Musikschaffenden, die im 20. Jahrhundert zum Opfer der Verfolgung durch totalitäre Regime geworden sind, in meisterhaften Interpretationen durch das Streichtrio des Klangforum Wien und Bariton Wolfgang Holzmair. Ein besonderer Höhepunkt war auch der Auftritt des Klavierduos Toni und Rosi Grünschlag (geb. 1916 und 1922 in Wien), die 1939 vor dem NS-Regime aus Wien in die USA flüchten mussten, mit Schuberts Variationen über ein Originalthema für vierhändiges Klavier.
Während der Konferenz ,Face the Music/Musik.Verfolgung.Freiheit. Verfolgte Musikschaffende – verdrängte Musik in den totalitären Regimen im Europa des 20. Jahrhunderts’ haben 25 Referenten und Panelteilnehmer aus acht europäischen Staaten als Musikwissenschafter, Zeithistoriker, Exilforscher, Musikproduzenten, Journalisten, Menschenrechtsexperten und als Zeitzeugen, unter der Leitung der Moderatoren Oliver Rathkolb, Lothar Knessl, Günter Kaindlstorfer und Philippe Olivier aus Forschung und Praxis berichtet. Die 150 Teilnehmer aus ganz Europa beteiligten sich mit großem Interesse an der Diskussion.
Mit diesen so unterschiedlichen Perspektiven konnten kleine, aber sehr wesentliche Schritte in Richtung einer Bestandsaufnahme der europäischen Erinnerungsarbeit und des Forschungsstandes gesetzt werden; auch Defizite sind sichtbar geworden. Das Ziel der Konferenz, einen Überblick über die Dimensionen der vom Nationalsozialismus und Kommunismus in den Ländern der Plattform Kultur –Mitteleuropa verdrängten Musik und der verfolgten und vertriebenen Musikschaffenden zu gewinnen und der verdrängten Musik den ihr gebührenden Raum wieder zu geben, wird sich nachhaltig weiter verfolgen lassen. Die im Rahmen der Konferenz gegründete ,Europäische Plattform für vom Nationalsozialismus verfolgte Musik’ darf vorsichtig als erster Meilenstein in den Bemühungen um den Erhalt dieses europäischen Kulturerbes gewertet werden, auch wenn der Verein Orpheus Trust in Österreich seine Tätigkeit einstellen muss.
Primavera Gruber
Rabbinerin Eveline Goodman-Thau
ist Professorin für jüdsche Religiongs-
und Geistesgeschichte.
Sie lehrt an der Universität Wien und
ist Direktorin der Hermann-Cohen-
Akademie für Religion, Wissenschaft
und Kunst in Buchen / Odw.
Die Reihe 100 Jahre jüdische Denker will neben den öffentlichen Debatten bezüglich Gedenkfeierlichkeiten, Erinnerungsgesten und einem angemessenen kollektiven Gedächtnis die jüdischen Denker in den Mittelpunkt rücken – an den Punkt, wo Geschichte und Biografie sich kreuzen, wo die historischen Ereignisse ihr Leben als Menschen und Juden radikal änderten, Ereignisse, die ihr Denken und Wirken geprägt haben und bis in unsere Zeit weiterwirken.
Menschtum und Menschheit werden in echten Begegnungen. Da erfährt der Mensch sich vom Menschen nicht etwa bloß begrenzt, auf die eigene Endlichkeit, Partialität, Ergänzungsbedürftigkeit hingewiesen, sondern das eigene Verhältnis zur Wahrheit wird ihm durch des andern individuationsmäßig Verschiedenes, verschieden zu keimen und zu wachsen bestimmtes Verhältnis zur selben Wahrheit erhöht. Martin Buber, Urdistanz und Beziehung
Alles wirkliche Leben ist Begegnung. Martin Buber, Ich und Du
Martin Buber kam in Wien im Jahre 1878 zur Welt und starb 1965 in Jerusalem. Mehr als vierzig Jahre nach seinem Tod sind seine Schriften mehr denn je wie für heute geschrieben, im Spannungsfeld von Ost und West, von Religion und Moderne, von Judentum und Abendland. Seit seiner frühen Kindheit in Lemberg im Haus seines Großvaters Salomon Buber - dem berühmten Bibel- und Talmudforscher und streng religiösen Menschen, der der gemäßigten Richtung der Aufklärer in Galizien angehörte - erzogen, war diese Spannung von Anfang an Teil seiner Lebenserfahrung.
Während Buber sich als Kind beim Großvater das jüdische Wissen aneignete, vermittelte ihm seine Großmutter eine eingehende Kenntnis der allgemeinen Bildung, besonders der deutschen Literatur. Als er mit vierzehn Jahren das großelterliche Haus verließ und nach Wien übersiedelte, wo er später an der Universität Philosophie studierte, wirkte seine Geburtsstadt als Ort der Begegnung zwischen Tradition und Moderne, eine Begegnung, die er bereits in Galizien im Innersten seiner Seele erfahren hatte. In einer Erinnerung (1957) beschreibt Buber die kulturelle Vielfalt dieses jüdischen Sprachraumes: In Wien geboren, bin ich in der ersten Kindheit in die Hauptstadt der galizischen Provinz gekommen, in der eine eigentümliche Sprachenvielheit mir die Tatsache des Nebeneinanderlebens sehr verschiedener Volkstümer unauslöschlich einprägte. Im großväterlichen Hause herrschten die deutsche Rede, aber Straße und Schule waren polnisch, nur das Judenviertel rauschte von derbem und zärtlichem Jiddisch, und in der Synagoge erklang, lebendig wie je, die große Stimme hebräischer Vorzeit. Aber nicht bloß dieser, auch dem deutschen Wort wohnte ein Pathos inne. Das kam daher, dass die Großmutter, Adele Buber, die mich bis ins vierzehnte Jahr erzog, diese Sprache wie einen gefundenen Schatz hütete. Sie hatte einst, eine Fünfzehnjährige, die in ihrem heimatlichen Ghetto als weltlich verbotenen deutschen Bücher ihrer Liebe auf dem Speicher versteckt gehalten; … Mit achtzehn Jahren kam ich nach Wien auf die Universität. Was da am stärksten auf mich wirkte, war das Burgtheater, in das ich mich oft Tag um Tag nach mehrstündigem ‚Anstellen’ drei Treppen hoch stürzte, um einen Platz auf der obersten Galerie zu erbeuten. Da wurde von Menschen, die Schau-Spieler hießen, die deutsche Sprache gesprochen. Ich verstand: in den Büchern, die ich gelesen hatte, waren die Zeichen angegeben, hier erst wurden sie zu den Lauten, die gemeint waren.(1)
Martin Buber (1878–1965)
In Wien wurde der junge Buber von dem intensiven geistigen Leben und der mannigfaltigen Kultur, einer Mischung von Gegensätzen aus der ethnischen Zusammensetzung der Völker der Donaumonarchie und den verschiedenen Geistesströmungen, die sich hier trafen, beeindruckt. Eine Atmosphäre, in der sich ein lebensfroher Fortschrittsglauben mit dem Ideal der Schönheit im künstlerischen Schöpfen, wie auch ein sentimentaler Weltschmerz als „Spiel der Wirklichkeit“ trafen. Frühe Verfallserscheinungen ließen aber bereits dunkle Ahnungen von kommenden Gefahren und Zweifel an der Dauer des Bestehenden aufkommen. Das geistige Schaffen der Wiener Moderne, an der vor allem assimilierte jüdische Wissenschaftler und Künstler führend beteiligt waren, drang weit über die Grenzen Österreichs, ja Europas hinaus und war tief geprägt von einer Angst und Sorge um den menschlichen Geist und seine Wirkungen. Es waren jüdische Dichter und Denker, die den unbetreuten Untergrund des Menschen angesichts des aufkommenden Wiener Antisemitismus am tiefsten ahnten, und Buber wie andere zum Nachdenken über den Menschen und über sich selbst anregten. Trotz des Gefühls der äußeren Sicherheit fehlen in jenen Jahren nicht die Symptome einer geistigen und seelischen Krise, die die Völker Europas auf dem Gipfel ihrer Entwicklung befiel.
Bereits früh erkannte Buber die Gefahr der sich selbst erlösenden Übermenschen Nietzsches und fordert eine Rückkehr zu den eigenen, jüdischen Quellen als Ursprung zur Erneuerung, schreibt vom werdenden Gott, an dessen Entwicklung wir mitschaffen können.
Unter Einfluss der allgemeinen und jüdischen Mystik, insbesondere des Chassidismus, wird aus dem werdenden Gott, der durch den Menschen verwirklichte Gott als Lebensaufgabe. Es geht Buber darum, eine neue Gestaltung der Möglichkeit vor die Augen der Unendlichkeit hinzustellen. Die Verbindung zwischen Religion und Moderne wird so zum Leitmotiv Bubers, ein Zwischendenken, welches eine Brücke legt zwischen Denken und Wirken.
Für Buber ist die Begegnung mit dem Chassidismus prägend für seine geistige Entwicklung:(2) Die chassidische Lehre ist wesentlich ein Hinweis auf ein Leben in Begeisterung, in begeisterter Freude. Aber diese Lehre ist nicht eine Theorie, die unabhängig davon besteht, ob sie verwirklicht wird. Vielmehr ist sie nur die theoretische Ergänzung eines Lebens, das wirklich von Zaddikim und Chassidim gelebt worden ist (…).(3)
Im Klima der geistigen und sozialen Unruhe um die Jahrhundertwende wie in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts in Mitteleuropa, insbesondere in der österreichisch-ungarischen Monarchie, werden die Juden nicht nur mit den geistig-politischen Kräften des Sozialismus und Nationalismus konfrontiert, sondern auch mit der Existenz einer sogenannten Judenfrage in einer radikal veränderten jüdischen Welt. Mitteleuropa bezeichnet hier einen offenen Raum, der durch die deutsche Sprache zu einer Einheit wird, in der junge jüdische Intellektuelle von Prag bis Wien und von Berlin bis Budapest – nachdem die Mauern des Ghettos gefallen sind – sich in einem fruchtbaren Austausch von Ideen engagieren.
In der 1923 geschrieben Vorrede zu „Die Frühen Reden (1909-1918)“(4), von der er 1951 betont, wie wichtig sie ihm geblieben ist,(5) reflektiert Buber über seine sieben „Reden über das Judentum“, um einige aufgekommene Missverständnisse aufzulösen.
Die Reden handeln vom Judentum als einem Phänomen der religiösen Wirklichkeit. Das bedeutet, daß es eine religiöse Wirklichkeit gibt, die sich im Judentum und durch es kundgetan hat und um deren willen, aus deren Kraft und in deren Sinn das Judentum besteht.(6) Es geht Buber, wie er im weiteren bemerkt, nicht um das Judentum als „Kultur“ oder „Lehre“, auch nicht um das „geschichtliche oder seelische Wesen“, sondern um die ,,religiöse Wirklichkeit“, die es unmöglich macht, das „Judentum als Abstraktion“ zu verstehen. Dies ist ein Schritt über das Verständnis des Judentums als ,,religiöses Phänomen“ hinaus, da dies, wie Buber zeigt, sich nur in der „Innerlichkeit“ abspielen oder auf sie zurückwirken würde. „Ich meine aber etwas, was sich zwischen Menschen und Gott, in der Wirklichkeit des Verhältnisses, der gegenseitigen Wirklichkeit von Gott und Mensch begibt. (7) Theophanie also nicht als ein Ereignis in der Vergangenheit, sondern als Grundlage der Geschichte ist ein Weg, Vergangenheit und Gegenwart zu verbinden, aber auch Zeit und Ewigkeit: die ewige, unveränderliche Existenz Gottes erfährt ihre zeitliche Dimension in der Geschichte. Es gibt, so Buber, eine Theophanie von „oben nach unten“ wie in der Schöpfung und Offenbarung, aber es gibt auch ein Theophanie von unten nach oben, wenn die Schechina, als Einwohnung Gottes mit dem Volk ins Exil geht und an der Welt leidet und „mitharrend“ auf die Erlösung hofft. Das Leid des Einzelnen verbindet sich hier mit dem Schicksal des Volkes. ,Das ist die Geschichte Israels, wie es die Geschichte der menschlichen Person ist, aber es ist wohl die Geschichte der Welt, das von ihr, was wir bisher zu lesen und zu schreiben bekommen haben.(8)
Eine direkte Absage also an die Hegelsche Idee der Weltgeschichte als Weltgericht: Erst in der Verbindung zwischen Persönlichem und Geschichtlichem, wie sie in der Geschichte des jüdischen Volkes weiterlebt, spiegelt sich die Weltgeschichte als offenes Ende. Es geht nicht um ein religiöses Erlebnis, sondern um das Leben selbst „im wirklichen Umgang mit Gott und Welt“(9). Zum Schluss kommt Buber auf den Begriff der „Verwirklichung“ zu sprechen, und auch hier zeigt sich seine indirekte Ablehnung der christlich geprägten Gottesidee. Es geht nicht darum, so Buber, Gott aus einer Wahrheit zu einer Wirklichkeit zu machen, als ob Gott nur eine Idee wäre, die dann erst durch den Menschen zu einer Realität werde. Dies könnte zu der falschen Meinung führen, dass Gott erst „im Menschen“ oder im Menschwerden zu einer Wirklichkeit geworden sei.
Buber plädiert dafür, von einem engen Begriff des Subjekts Abschied zu nehmen, um vorzustoßen zu einer Selbstverwirklichung, die Gott verwirklichenheißt, und dies bedeutet, Gott die Welt zu einem Ort seiner Wirklichkeit bereiten(10). Wir erkennen hier den prophetisch-messianischen Kern des Buberschen Denkens, der darauf ausgerichtet ist, die Geschichte zu öffnen, sie nicht als ein bereits abgeschlossenes Kapitel zu betrachten, und das an einem jeden Menschen als Wirklichkeit zu zeigen. In diesem unsrem Dienst am Werden des Reichs erscheint die Entgegenkunft des Menschen zu welthaftem Wirken erhöht.(11)
Ein Jahr nach dem Ende des Ersten Weltkriegs schreibt. Buber: In der Selbstprüfung erkennen wir, daß wir Juden allesamt Abtrünnige sind. Nicht deshalb, weil uns Landschaft, Sprache, Kultur anderen Volkstums Seele und Leben durchdrungen haben; es könnte uns die eigne Landschaft, die eigne Sprache, die eigne Kultur geschenkt werden, ohne daß wir jenes innerste Judentum wiedergewännen, dem wir untreu geworden sind.(12) Es geht Buber um das Wiedererkennen eines inneren Kerns des Judentums und um die Kernfrage zwischen Judentum und Abendland, um die Frage der möglichen oder unmöglichen Verbindung zwischen Aufklärung und Judentum im tiefsten Sinn.
Erst der Mensch, der die ihm möglichen Beziehungen mit seinem ganzen Wesen in seinem Leben verwirklicht, hilft uns wahrhaftig, den Menschen zu erkennen. Dem menschlichen Denken ist eine neue Aufgabe gestellt: die Bejahung der Einsamkeit und die Bejahung der menschlichen Gesellschaft. Beide, der Individualismus und der Kollektivismus sind notwendig, um den Menschen aus dieser Lage zu retten und ihm eine lebensfähige Weltanschauung zu bieten. Aus dem Zusammenhang beider kann eine neue Welt erwachsen.
So dient die Beschäftigung mit dem Denken und Wirken Martin Bubers nicht nur der Erinnerung an die Zerstörung und den Verlust, sondern öffnet ein Tor für eine Wiederbelebung eines kulturkritischen Paradigmas, basierend auf einem verantwortungsvollen Umgang mit der Geschichte vom Menschen.
Die Beziehung zwischen menschlichen Personen muss von jetzt an weder in der Innerlichkeit des Einzelnen noch in der Allgemeinheit der Gesellschaft, sondern zwischen diesen beiden gefunden werden. Für Buber ist dieser Zwischenraum keine philosophische Hilfskonstruktion, sondern ein Ort des zwischenmenschlichen Geschehens auf allen Ebenen der menschlichen Existenz. Dieser Zwischenraum verbindet den Menschen mit seinen Mit-Menschen und mit seiner Umwelt als Ort der Einwohnung Gottes. Das hebräische Wort für Ort ist: Makom, welches in rabbinischer Sprache auch einer der Gottesnamen ist, wie es heißt Er ist der Ort der Welt, aber die Welt ist nicht sein Ort. Buber hat dieses Zwischen in seinem Denken und Wirken gefunden und es als europäischen Zwischenraum eröffnet.
Heute glücklich übersiedelt. Es ist ein winziges Häuschen, aber mit großer gedeckter Terrasse und wunderbarem Blick […] endlich ein Ruhepunkt für Monate und die Koffer verstaut, ließ Stefan Zweig am 17. 9. 1941 seine erste Frau Friderike wissen. Nach sieben rastlosen Jahren auf der Flucht vor den Nationalsozialisten und dem Krieg hatte er beschlossen, sich in Brasilien niederzulassen, und sein brasilianischer Verleger und Freund Abrahão Koogan daraufhin den kleinen Bungalow in der Rua Gonçalves Dias, 34 in Petrópolis ausfindig gemacht. Seit seinem ersten Besuch 1936 hatte das südamerikanische Land den Schriftsteller fasziniert. Wer Brasilien wirklich zu erleben weiß, der hat Schönheit genug für ein halbes Leben gesehen, schrieb er denn auch 1941 in seiner Hommage „Brasilien. Ein Land der Zukunft“, in dem er das multiethnische Land als utopisches Gegenbild zu dem von Hass, Rassenideologie und Krieg zerrissenen Europa schildert.
Zunächst sandte er von diesem Refugium in der Berglandschaft nahe Rio de Janeiro aus begeisterte Briefe an seine erste Frau und seine Freunde. Die ehemalige Residenzstadt des brasilianischen Kaisers Dom Pedro II. sei „eine Art Miniatur- Ischl“. Er fand sich in die Welt von gestern versetzt. Petrópolis ist ein kleiner Semmering, nur primitiver, so wie anno 1900 das Salzkammergut“. „Wir leben so zurückgezogen wie nur denkbar in herrlicher Natur und entzückender Primitivität. Alle Dinge aus den Zeiten meines Vaters und Großvaters tauchen hier wieder auf. […] Aber auch die natürlichen Lebensformen jener alten Zeit sind verblieben, die Freundlichkeit der einfacheren Klassen, die weder Organisation noch Neid kennen. Doch bald erwies sich die anfänglich gewünschte und wohltuende Abgeschiedenheit als bedrückend. Brasilien, das von ihm so hoch gelobte „Land der Zukunft“, vermochte ihm letzten Endes nicht die untergegangene geistige Heimat zu ersetzen. Am 23. 2. 1942 schied Stefan Zweig gemeinsam mit seiner zweiten Frau Lotte freiwillig aus dem Leben.
Schon kurz nach seinem Tod kam die Idee auf, das Haus in der Rua Gonçalves Dias in ein Museum zu verwandeln und damit das Andenken an den Schriftsteller lebendig zu halten, der Brasilien so sehr geliebt hatte. Nach dem Krieg wurde sogar mit Hilfe eines brasilianischen Diplomaten in London Kontakt mit den Erben aufgenommen, die ihre Unterstützung zusagten. Dennoch wurde das Projekt nie verwirklicht. In den 80-er Jahren wurde das Haus zwar unter Denkmalschutz gestellt. Aber es war zwischenzeitlich schon sehr umgebaut worden. So hatte man die riesige Veranda, die Stefan Zweig einst so sehr für dieses Haus eingenommen hatte, verkleinert und modern verglast. Es blieb – ebenso wie sein Grab auf dem städtischen Friedhof von Petrópolis – vergessen. Lediglich ein kleines Schild am Eingang wies auf den berühmten Bewohner und dessen tragisches Ende hin, bis es Ende 2005 von einer Gruppe von Privatleuten – darunter die Familien der engsten brasilianischen Freunde des Schriftstellers, des Verlegers Abrahão Koogan und des Rechtsanwalts Samuel Malamud, und der Juwelier Hans Stern, selbst deutsch-jüdischer Emigrant – erworben wurde, um dort das „Casa Stefan Zweig“ einzurichten. Dies ist ein Wunsch, den wir, allesamt Bewunderer des Schriftstellers und seines Werkes, seit fünf Jahren hegen, erklärt Rubens Bomtempo, der Bürgermeister von Petrópolis, der das Projekt von Anfang an befürwortete. Zusammen mit dem österreichischen Konsul in Rio de Janeiro, Reinhold Steinberger, bemüht sich Bomtempo nun, eine Städtepartnerschaft zwischen Petrópolis und Salzburg aufzubauen, mit der eine noch engere Verbindung zwischen Brasilien und der österreichischen Heimat des Schriftstellers geschaffen werden soll.
Dass das Projekt ausgerechnet 2006 publik gemacht und vorangetrieben wird, sieht der Schriftsteller und Journalist Alberto Dines, der Vorsitzende der Gesellschaft „Casa Stefan Zweig“, als eine außergewöhnliche Chance an. Schließlich gedenken wir in diesem Jahr Zweigs 125. Geburtstag, die Veröffentlichung von „Brasilien. Ein Land der Zukunft“ jährt sich zum 65. Mal, und nicht zuletzt liegt die erste Brasilienreise des Schriftstellers genau 70 Jahre zurück. Alberto Dines ist Autor einer Stefan-Zweig-Biographie, in deren Mittelpunkt die Zeit steht, die Zweig während seiner letzten sechs Lebensjahre im Brasilien verbrachte. Darin zeigt Dines die Entwicklung von der magischen Anziehungskraft des Landes und Zweigs erster Verliebtheit über die beiderseitigen Missverständnisse bis hin zur allmählichen Enttäuschung und Vereinsamung des Schriftstellers sowie wichtige Erkenntnisse zu den näheren Umständen des Selbstmordes und der Beerdigungsfeierlichkeiten auf. Für das Museum plant Alberto Dines eine Ausstellung zum Leben und Werk von Stefan Zweig, in der persönliche Gegenstände, wie das Adressbuch und ein goldenes Schreibset, ein Bronzeabguss der Totenmaske, Briefe, Dokumente, Fotos und Bücher des Schriftstellers gezeigt werden sollen. Ferner möchte er eine Bibliothek mit Büchern von und über Stefan Zweig sowie Verfilmungen seiner Werke einrichten. Das „Casa Stefan Zweig“ soll jedoch nicht nur dem Schriftsteller allein gewidmet sein. Man möchte auch an andere Schriftsteller, Künstler und Wissenschaftler erinnern, die in den 30er und 40er Jahren in Brasilien Zuflucht vor den Nationalsozialisten gesucht und ihre Spuren in der Kunst, Kultur und Wissenschaft des Landes hinterlassen haben. Auf diese Weise erhält nicht nur Stefan Zweig mehr als 60 Jahre nach seinem Tod eine Würdigungsstätte, sondern das deutschsprachige Exil in Brasilien im Allgemeinen. Marlen Eckl
Alberto Dines: "Tod im Paradies. Die Tragödie Stefan Zweigs", aus dem Portugiesisichen von Marlen Eckl und Marita Buderus-Joisten, edition Büchergilde, 2006, 640 Seiten, 60 schwarz-weiß Fotos, € 30,80. (ab September im Buchhandel)
Das soll eine der einflussreichsten, prägendsten Verlegerinnen des deutschsprachigen Raumes sein?
Diese zarte, unaufdringlich elegante Frau mit dem verschmitzten Blick und den klaren, frischen Zügen? Mit dieser verhaltenen Stimme und der distanziert beherrschten Körpersprache?
Elisabeth Ruge, 1994 Mitbegründerin und nun Leiterin des renommierten literarischen Berlin Verlages, scheint das Gegenteil des Klischeebildes einer durchschlagkräftigen deutschen Managerin zu sein – trotzdem ist ihr Erfolg groß, der Neid der Konkurrenz heftig und das Ergebnis ihrer Arbeit als Lektorin und Verlegerin bewunderungswürdig.
Zu ihren Autoren zählen unter vielen anderen Peter Esterhazy, Péter Nádas, Ingo Schulze, Zeruya Shalev, Elfriede Jelinek, Richard Ford, Viktor Jerofejew und Ingo Schulze. Autoren, deren hohe literarische Qualität von Elisabeth Ruge geschätzt und gefördert wird, mit Geduld und Einfühlungsvermögen, mit Liebe und Lust zur Sprache.
Als Lektorin muss sie den Blick ganz eng auf den Autor und seinen Text richten, meint Elisabeth Ruge, als Verlegerin muss ihr Blick weit offen sein, um den gesamten Berlin Verlag mit seinen „Unterverlagen“, den Sach-, Kinder- und Taschenbuchverlagen, für sein Publikum interessant zu machen, für die Verlagsvertreter, die Buchhändler, die Rezensenten, die Käufer, vor allem aber die LeserInnen.
25 MitarbeiterInnen unterstützen die Tochter des prominenten Fernsehjournalisten Gerd Ruge, die schon in ihrem Studium der Amerikanistik, Anglistik und Slawistik in den USA und in Moskau internationales Teamwork geschätzt hat. Toleranz und Klarheit des Denkens vermittelt Elisabeth Ruge in jedem ihrer Gespräche: ob im Berliner Verlagshaus in der Greifswalder Straße, ob mit Sohn und Tochter in der Uckermarck lesend unterwegs, ob im Wiener Literarischen Quartier der Alten Schmiede ihrem Autor Péter Nádas aufmerksam lauschend oder in Jerusalem oder New York junge Autoren treffend – Elisabeth Ruges Eigenständigkeit, ihr unbestechliches Urteil bestimmen, welche Bücher erscheinen. Programm-Unabhängigkeit war Ruges Bedingung für den Berlin Verlag, der seit 2003 dem Londoner Verlagsriesen Bloomsbury gehört.
Witzige, kluge Kinderbücher (als Fundament für künftige Lesekultur), „leichte Kost“ und anspruchsvolle Autoren, radikale Sprachkünstler – für sie alle sieht sich Elisabeth Ruge als geistige Begleiterin und Promoterin. (Nachdruck und Enthusiasmus sind unentbehrlich für diese immer schwerer werdende Profession).
Einige der Autoren und deren Bücher, die ihr für ihr neues Herbstprogramm 2006 besonders wichtig sind:
Da ist Ingo Schulze mit seinem monumentalen Wenderoman „Neue Leben“; sein „Historiengemälde aus ostdeutscher Sicht“ wird in 20 Sprachen übersetzt, über 100.000 Exemplare wurden bis jetzt verkauft!
Zu ähnlichen Bestsellern im Berlin Verlag gehört Zeruya Shalev, im Kibbutz Kinneret geboren, lebt sie heute mit Familie in Jerusalem. Im Jänner 2004 wurde sie unweit ihres Hauses durch ein Selbstmordattentat schwer verletzt, als ein vollbeladender Bus neben ihr explodierte und neun Menschen ums Leben kamen. Shalevs große Trilogie über moderne Liebe „Liebesleben“, „Mann und Frau“ und „Späte Familie“ wurde international mehrfach ausgezeichnet.
Als sensationelle Entdeckung wird Petr Ginz „Prager Tagebuch 41-42“ gewertet: Tagebuchhefte mit Manuskripten und Zeichnungen eines 13-jährigen Prager Buben wurden 60 Jahre nach seiner Deportation nach Theresienstadt und seiner Ermordung in Auschwitz auf dem Speicher eines Prager Hauses gefunden und sind nun einzigartiges Zeitdokument eines wachen, begabten, viel zu kurzen Lebens.
Und auch das Tagebuch von Bat-Chen Shahak zu veröffentlichen „Ich träume vom Frieden“ ist Elisabeth Ruge ein Anliegen. Im März1996 kamen bei einem Selbstmordattentat im Dizengoff Centre in Tel Aviv 13 Menschen ums Leben. Eine davon war Bat-Shen Shahak – sie starb an ihrem 15. Geburtstag. Ihr Tagebuch veröffentlicht Elisabeth Ruge als Vermächtnis für den Traum vom Frieden.
Ebenso im kommenden Herbst wird ein neuer Band von Péter Nádas, dem hochsensiblen Analytiker zwischenmenschlicher Beziehungen, im Berlin Verlag erscheinen: „Behutsame Ortsbestimmung“: ein faszinierend-verstörender Einblick in die archaisch anmutende Dorfgemeinschaft von Gombosszeg in West-Ungarn, wo der Schriftsteller zurückgezogen lebt, verbunden mit dem Bericht vom „eigenenTod“, der Schilderung seines Herzinfarktes, in der Nádas dem eigenen klinischen Tod und der Erfahrung seiner Rückkehr ins Leben seine unvergleichliche Sprache gibt.
Von Nadine Gordimer erscheint der neue Roman „Fang an zu leben“, von Dara Horn „Die kommende Welt“, die atemberaubend witzige Geschichte eines Kunstraubes im Jüdischen Museum in New York, verbunden mit einer berührenden Familiengeschichte, die vom Russland der 20-er Jahre bis ins heutige New York reicht.
Im Taschenbuchverlag ist unter anderem Péter Esterházys bravouröser Roman „Donau abwärts“ nachzulesen und eine anregende, sehr persönliche Warnung, die „Macht der Ideen“ zu unterschätzen, wird man im Band des großen Philosophen Isaiah Berlin finden.
Alles das (und noch viel mehr) wählt Elisabeth Ruge für den Berlin Verlag mit ihrem Spürsinn, mit ihrer Sensibilität für Extreme in Inhalt und Sprache und mit ihrem ausgeprägten Willen zum Erfolg.
Konsequent, analytisch, stark – mit einem kleinen ironischen Lächeln im Auge – eine Frau von Welt, diese Elisabeth Ruge!
Brigitte Hofer
Der seit 1999 vergebene Teddy Kollek Award wurde in diesem Jahr unter anderen an Helmut Zilk verliehen.
Im Vorfeld gab es heftige Diskussionen, da auch Hans Dichand nach einer Spende in beträchtlicher Höhe für diese Auszeichnungen nominiert worden war. Nach heftigen Protesten in Israel wegen der antisemitischen Haltung der Kronenzeitung verzichtet der Herausgeber Dichand dann auf diese Auszeichnung.
In Vertretung des erkrankten Exbürgermeisters nahm seine Frau, Dagmar Koller, die Ehrung in der Knesset, dem israelischen Parlament, entgegen. In der excellent vorgetragenen Rede ihres Mannes kam die enge Freundschaft Helmut Zilks zu Teddy Kollek zur Sprache. Es waren vor allem diese beiden Männer, die den schwer belasteten Beziehungen zwischen Israel und Österreich gewisse Normalität brachten.
Weiters wurden ausgezeichnet Johannes Gerstner, der Gründer der Adenauer Stiftung in Israel, der Schweizer Bankier Hans Baer, dessen Vater schon engen freundschaftlichen Kontakt mit dem ersten Präsidenten des Staates Israel, Chaim Weizman, hatte, sowie Marion und Guy Nagar aus England, die als große Kunstmäzene unter anderen die Musrara Hochschule für Photographie unterstützen. Den ,Lifetime Achievment Award‘, erhielt der in Jerusalem geborene Architekt David Kroyanker. Er sprach von der schwierigen Aufgabe, die Stadt Jerusalem zeitgemäß zu gestalten und zugleich die spezifische Atmosphäre dieses historischen Ortes zu erhalten.
Letzte Änderung: 04.10.2012
Webmeisterin+Redaktion: Mag. Ditta Rudle
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