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Abschied vom Stadttheater

Symbolisch fand die letzte Produktion des Stadttheaters Walfischgasse mit dem gleichen Stück statt, mit dem es vor zehn Jahren begann. Freunde, das Leben ist lebenswert von Charles Lewinsky, der auch wieder Regie führte.

Berührend und sichtlich gerührt verabschiedete sich Intendantin Anita ­Ammersfeld von ihrem Theater und dem Publikum. Es gelang ihr in dieser Zeit mit einem sehr abwechslungsreichen Programm zahlreiches Publikum ins Theater zu bringen. In ihrer Dankesrede an die Zuschauer betonte sie die Freude, die ihr die Zusammenarbeit mit den Künstlern und Mitarbeitern bereitet hat. „Ein Theater zehn Jahre lang zu leiten, verlangt jedem Intendanten ein Maximum an schöpferischer, organisatorischer und physischer Kraft ab. Ich habe es in diesen zehn Jahren aufgebaut, geleitet und mehr erreicht, als ich mir anfangs erträumt hatte. Nach 31 Eigenproduktionen und mehr als 2.000 Vorstellungen mit über 400.000 Besuchern war nun der Zeitpunkt gekommen, mir Gedanken zu machen, wie ich die Existenz des Hauses künftig und nachhaltig in künstlerischer und finanzieller Hinsicht sichern kann... In den letzten zehn Jahren hat sich weltweit vieles verändert und beunruhigend muss man feststellen, dass alte Emotionen, wie Ausgrenzung und Diskriminierung wieder stärker in den Vordergrund treten. Daher als Erinnerung und Mahnung die Wiederaufführung dieser Erstproduktion.“

Freunde, das Leben ist lebenswert erzählt von den tragischen Schicksalen des Textdichters Fritz Löhner-Beda, des Conférenciers und Kabarettisten Fritz Grünbaum und des Komponisten Hermann Leopoldi. Es geht dabei nicht nur um Zeitgeschichte, sondern vor allem um die Frage: Wie weit darf man sich an ein verbrecherisches Regime anpassen, um das eigene Leben zu retten?

Fritz Löhner-Beda (1883-1942) war einer der wichtigsten Schlagertexter der dreißiger Jahre. Die Musikgeschichte verdankt ihm Titel wie Was machst Du mit dem Knie, lieber Hans? und Ausgerechnet Bananen. Löhner schrieb auch das Libretto für Franz Lehárs Operette Das Land des Lächelns, deren Titel wie Immer nur lächeln und Dein ist mein ganzes Herz Klassiker wurden. Während Lehár jedoch zum Lieblingskomponisten Hitlers avancierte, kam Löhner-Beda nach der Annexion Österreichs 1938 aufgrund seiner jüdischen Abstammung ins Konzentrationslager. Ein Schicksal, das er mit dem Kabarettisten Fritz Grünbaum (1880-1941) und dem Komponisten Hermann Leopoldi (1888-1959) teilte. Löhner und Leopoldi sind auch die Verfasser des Buchenwald-Liedes. Über dessen Entstehung hat sich Hermann Leopoldi, der als einziger dem Schreckensregime entkommen konnte, geäußert.

Das Stück beginnt 1934, als die Welt in Österreich noch scheinbar unberührt von den Ereignissen in Deutschland sich präsentierte.Der Schlager- und Operettentexter Fritz ­Löhner-Beda, ein Star der österreichischen Kulturszene vor 1938, hat einen Chauffeur, der für Adolf Hitler schwärmt und hilflose Gedichte zu dessen Lob schreibt. Er und seine Künstlerfreunde Leopoldi und Grünwald amüsieren sich köstlich angesichts soviel Dilettantismus. Nach dem Anschluss landet Löhner in Buchenwald und trifft dort seinen Fahrer als Wächter wieder an. Löhner schreibt im Lager, verfasst gemeinsam mit Hermann Leopodi nicht nur das legendäre Buchenwald-Lied, sondern – was tut man nicht für einen Laib Brot? – auch heimlich die Führer-Loblieder, mit denen der junge Möchtegern-Poet an einem Wettbewerb der SS teilnehmen will. Der ehemalige Chauffeur wird tatsächlich zum Finale des Wettbewerbs nach Berlin eingeladen, doch ohne seinen Ghostwriter versagt er kläglich bei der letzten Aufgabe und wird zur Strafe in den Osten versetzt. So verliert Löhner seinen Schutz im Lager und wird seinerseits nach Auschwitz deportiert und ermordet.

Unter der Regie des Autors boten die Schauspieler Hannes Gastinger, Matthias ­Hacker, Johannes Seilern, Reinhardt Winter, Sebastian Eckhardt, Marcus Thill, Jörg Stelling, sowie Patrick Lammer hervorragende Leistungen. Am Ende des Stückes herrschte Grabesstill bis der verdiente Applaus mit Standing Ovations einsetzt

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