Inhalt

Blicke aus dem Exil

Fotoausstellung von Meinrad Hofer

Im Projektraum West 46 wurden im Rahmen von eyes on – Monat der Fotografie Wien Arbeiten aus der Serie Witness – Realities of Forces Emigration 1938-1945 von Meinrad Hofer gezeigt. Der Fotograf hatte mit klarem und präzisem Blick bereits Persönlichkeiten wie den Dalai Lama, Karl Markovic, Leonard Cohen und Karl Lagerfeld vor der Linse. Für die ausgestellte Reihe Witness fotografierte er Landsleute aus Österreich, die in den USA im Exil leben: Jüdinnen und Juden, die während der NS-Zeit emigrieren mussten und er hat diese sehr eindrucksvoll und vor allem ausdrucksstark festgehalten. Ihre Flucht aus der Heimat und das Leben im Exil spiegeln sich in den Gesichtern der Porträtierten wieder. Es wurden jeweils zwei Bilder zu einer Art Diptychon zusammengefasst: die ProtagonistInnen sind in Farbe frontal abgelichtet und blicken die BetrachterInnen direkt an. Rassenwahn, Massenmord, Emigration, Exil haben in den Fotos von Hofer Augen, die gesehen haben und uns nun anblicken, mit uns kommunizieren. Daneben wurde ein Abbild der Person im Profil oder nach unten blickend positioniert. Zwei Bilder eines Menschen, die sehr viel über ihn aussagen und seine Erinnerungen deutlich wiederspiegeln. Aufgrund der harten Beleuchtung zeichnet Meinrad Hofer die Gesichtszüge genau nach und offenbart damit gleichzeitig eine Kartografie ihrer Erfahrungen. In diesen 30x40 cm großen Bildern heben sich die Köpfe deutlich vom schwarzen Hintergrund ab, sie treten somit aus dem Nichts hervor und gleichzeitig erfolgt dadurch eine fokussierte Konzentration auf die Gesichtslandschaft der im Exil Lebenden.

Unter den Porträtierten ist die Soziologin und Publizistin Edith Kurzweil, geborene Weiß, die mit ihrem Bruder Hans mit einem Kindertransport von Wien nach Belgien gebracht wurde. Nach einer abenteuerlichen Flucht durch Frankreich und Spanien gelangten die Beiden nach New York, wohin ihre Eltern zuvor geflohen waren. Auch Nobelpreisträger und Neuroforscher Eric Kandel blickt aus einem Foto und mit erhobenen Kopf ist er im Profil abgelichtet. 1939 emigrierte die Familie mit dem Zehnjährigen in die USA, wo er eine beeindruckende Kariere machte. Ebenfalls ist Rechtsanwalt und Politiker Franz Leichter unter den Porträtierten. Er und sein Bruder Heinz konnten mit Hilfe einer befreundeten Familie ins Ausland gebracht werden. Ihr Vater, der sozialistische Journalist Otto Leichter schaffte ebenfalls die Flucht aus Wien, ihre Mutter Käthe Leichter wurde im KZ Ravensbrück interniert und 1942 in Bernburg/Saale ermordet. Auch eine Fotografin holte Hofer vor die Linse. Lisl Steiner, 1927 in Wien geboren, wuchs in Argentinien auf und lebt nun in New York. Sie besucht immer wieder Wien, wo sie Rauchfangkehrer fotografiert, sie war auch bei der Eröffnung der Ausstellung anwesend.

In einer 1,5x2 Meter großen Arbeit hat Meinrad Hofer die Porträtierten von hinten fotografiert und zu einem schwarz-weiß Bild mit 4x4 Fotografien zusammengefügt. Schauen sie dadurch weg aus einem Land, das sie vertrieben hat in die neue Heimat? Oder blicken wir mit ihnen aus dem Exil in die alte Heimat zurück?

Schriftliche Erinnerungen an die NS-Zeit an der Wand gaben Einblicke in das Leben der Abgebildeten und ergänzten die Ausstellung.

Diese Porträts der Shoah Entkommenen sind historisch wichtige Zeugnisse, damit die Erinnerung an den Holocaust und an die Opfer nie verlöscht.                                                

Kontextspalte