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Die goldene Adele

Der Streit um NS-Raubkunst hat in diesem Jahr die internationale Filmindustrie erobert.

Während sich deutsche Kulturpolitiker nach dem Skandal um eine größere Anzahl von geraubten Werken, die der im Mai dieses Jahres verstorbene Kunstsammler Cornelius Gurlitt in Depots in Salzburg und München gehortet hatte, um Schadensbegrenzung bemühen, legt Hollywood den Finger in die Wunde. Nach George Clooney und seinem Film Monuments Men – Ungewöhnliche Helden, in dem der gefeierte Filmstar als Chef einer US-amerikanischen Spezialeinheit in der Endphase des Zweiten Weltkriegs die von den Nazis erbeuteten Kunstschätze aufspüren soll, ist gerade eine neue Produktion über das für Österreich wenig rühmliche Restitutionsverfahren rund um die Goldene Adele von Gustav Klimt im Entstehen. Unter der Regie des Engländers Simon Curtis stand in den vergangenen Wochen eine prominente Schauspielerriege in Wien, London und in New York vor der Kamera, darunter Helen Mirren, Daniel Brühl, Katie Holmes und Ryan Reynolds. Der Film soll unter dem Titel Woman in Gold im kommenden Jahr in die Kinos kommen. Alle Mitwirkenden wurden vertraglich verpflichtet, keine Details aus dem Drehbuch zu verraten, daher ließ sich auch Helen Mirren, die Darstellerin von Maria Altmann, der rechtmäßigen Erbin von Klimts Goldener Adele, nur ein allgemeines Statement zur Kunst und über den bedeutenden Maler des Wiener Fin de Siècle entlocken: „Adele Bloch Bauer war wohl eine seiner Musen, denn er hat wundervolle Portraits von ihr gemacht. Ich male auch selbst ein wenig und ich liebe es in Museen zu gehen. Wien hat großartige Museen. Das Belvedere ist wunderbar, aber das Leopold-Museum mochte ich noch mehr.“ Dass gerade gegen das von Helen Mirren so geschätzte Leopold-Museum immer noch der Vorwurf besteht, geraubte Gemälde von Egon Schiele zu besitzen, wollte oder durfte die Schauspielerin nicht kommentieren. Die äußeren Umstände, die 2006 zum internationalen Medienhype rund um die „Causa Klimt“ und letztlich zum Drehbuch des Films Woman in Gold geführt hatten, lassen sich jedoch auch ohne Statements der Darsteller rekonstruieren.

Die Goldene Adele war einer von vielen Kunstschätzen, welche die Familie der von Klimt portraitierten Adele Bloch-Bauer 1938 auf ihrer Flucht aus Wien zurücklassen musste. Nach jahrelangem Rechtsstreit wurden im Jahr 2006 fünf Gemälde von Gustav Klimt aus dem einstigen Besitz von Ferdinand Bloch-Bauer an dessen rechtmäßige Erbin, Maria Altmann übergeben, acht Jahre nachdem Österreich zwar ein internationales Abkommen über die Rückgabe von Nazi-Raubkunst unterschrieben, die Ansprüche Maria Altmanns aber hartnäckig verweigert hatte. Österreich hatte sich bei dieser Weigerung darauf berufen, dass Adele Bloch-Bauer einst ihren Gatten Ferdinand gebeten hatte, ihr Portrait einem Österreichischen Museum zu vererben. Adele war aber bereits im Jahr 1925 verstorben und hätte sicherlich anders entschieden, hätte sie die Machtübernahme der Nazis erlebt. Ferdinand, als Auftraggeber des Portraits auch dessen legaler Eigentümer, überlebte seine Gattin um 20 Jahre und vermachte, da das Paar kinderlos geblieben war, sein gesamtes Vermögen seiner Nichte Maria Altmann. In ihrem Prozess gegen Österreich wurde die Erbin von Randol Schoenberg vertreten, einem Enkel des Komponisten Arnold ­Schönberg. Laut Aussagen der 2011 verstorbenen Maria Altmann wäre es ursprünglich ihre Intention gewesen, die Goldene Adele und noch vier weitere ihr zustehende Klimt-Bilder in der Österreichischen Galerie Belvedere zu belassen, weil dies ursprünglich im Sinne ihrer Tante Adele Bloch-Bauer gewesen sei, doch wegen der Weigerung Österreichs, darüber zu verhandeln, hatte sie ihre Absicht geändert. „Mir ging es ursprünglich nicht um Geld, aber sie wollte nicht verhandeln, sie hat immer nur gelacht“, äußerte sich Altmann im Dokumentarfilm Stealing Klimt von Jane Chablani über ihre Kontrahentin, die ehemalige österreichische Kulturministerin Elisabeth Gehrer. Davon, dass sie den Prozess gewinnen würde, war Altmann von Anfang an überzeugt: „Warum sollten wir ihn verlieren? Diese Gemälde wurden uns gestohlen und man hat sie uns 68 Jahre lang vorenthalten. Es war also höchste Zeit etwas dagegen zu unternehmen!” Der acht Jahre dauernde Kampf um die ihr zustehenden Kunstschätze soll nun Thema von Woman in Gold sein, ob sich dieser Film auch mit dem Schicksal der Goldenen Adele nach dem Prozess-Ende auseinandersetzt ist aufgrund des Schweigegebots der Beteiligten nicht bekannt.

Am 2. Februar 2006 beschloss jedenfalls die österreichische Regierung, keinen Gebrauch von ihrem Vorkaufsrecht zu machen. Die Bilder wurden am 14. Februar 2006 aus dem Depot der österreichischen Galerie zu Altmanns Wohnsitz in Los Angeles gebracht und von dort schließlich ins Auktionshaus Christie’s in New York.

Seit der Versteigerung am 19. Juni 2006 zählt die Goldene Adele von Gustav Klimt zu den teuersten Gemälden der Welt. An diesem Tag hatte sie der US-amerikanische Unternehmer, Präsident des New Yorker Museums of Modern Art und Präsident des Jüdischen Weltkongresses, Ronald Lauder, um den Rekordpreis von 135 Millionen Dollar ersteigert. Lauder hatte fünf Jahre zuvor an der Fifth Avenue die Neue Galerie New York als speziell auf österreichische und deutsche Kunst spezialisiertes Museum gegründet. Die Exponate, von Schiele und Kokoschka bis zu Brücke-Künstlern und der Neuen Sachlichkeit, kommen aus Lauders Sammlung und jener seines 1996 verstorbenen Freundes und Kunsthändlers Serge Sabarsky. Die Goldene Adele hat dort seit Juni 2006 einen Ehrenplatz. Dem New Yorker Publikum präsentierte sie Ronald Lauder mit den Worten: „This is our Mona Lisa – Das ist unsere Mona Lisa“. Der Spross aus dem Kosmetik-Konzern Estée Lauder war 14 Jahre alt, als er die erste Klimt-Zeichnung kaufte und seine früh entwickelte Leidenschaft für österreichische Kunst der Jahrhundertwende war für ihn Anlass, 1986 als US-Botschafter nach Wien zu kommen. Im gleichen Jahr wurde aber Kurt Waldheim zum österreichischen Bundespräsidenten gewählt und auf Lauder kam statt des erhofften „Traumjobs in der Kultur-Hauptstadt Wien“ die politische Realität zu. Gerade während seines Aufenthalts in Wien die harte Auseinandersetzung mit der Waldheim-Affäre zu erleben, führte für Lauder dazu, sich vor allem als „Botschafter für jüdische Menschen und jüdische Angelegenheiten“ zu empfinden. Die Goldene Adele 2006 zu einem Rekordpreis zu erwerben und in seiner Neuen Galerie im Kontext zur Geschichte der Nazi-Raubkunst zu präsentieren war für ihn daher auch ein persönliches Anliegen.

Fast auf den Tag genau acht Jahre später, im Juni 2014, wurde das Bild noch einmal restituiert: Elisabeth Gehrer übergab diesmal die Goldene Adele persönlich an Maria Altmann – der Film Woman in Gold machte dies möglich. Die Idee zu dieser symbolischen Geste hatte die Schauspielerin Olivia Silhavy, die in der britisch-amerikanischen Koproduktion die österreichische Kulturministerin spielt. Vor Beginn der Dreharbeiten hatte Silhavy im Museumsshop der Österreichischen Galerie Belvedere zwanzig Kopien des Klimt-Gemäldes in Form von Kühlschrank-Magnetbildern erstanden und am ersten Drehtag in London als kleine Geschenke an die internationalen Kollegen und Kolleginnen verteilt – unter anderem an die große Kollegin Helen Mirren, die Darstellerin der Maria Altmann. „Ich wollte mich gleich zu Beginn der Dreharbeiten bei allen beliebt machen“, gesteht Silhavy, „als Ausgleich dafür, dass ich die einzige wirklich unsympathische Rolle in diesem Film spiele“. Zu den prominenten Partnern von Olivia Silhavy gehören Ryan Reynolds, der Altmanns Anwalt Randol Schoenberg spielt, und Daniel Brühl in der Rolle des 2006 verstorbenen Journalisten Hubertus Czernin, der nicht nur das Restitutionsverfahren in der Causa Klimt ins Rollen gebracht, sondern davor auch wesentlich zur Aufdeckung der Kriegsvergangenheit von Kurt Waldheim beigetragen hatte.

Die Geschichte Ronald Lauders und seine Beziehung zur Goldenen Adele ist wohl nicht Teil des neuen Films – zumindest scheint in der Besetzungsliste kein Schauspieler auf, der seine Rolle spielen könnte. Im Mittelpunkt von Woman in Gold soll Maria Altmann stehen – und ihr acht Jahre dauernder Prozess gegen die Österreichische Regierung. Welche neuen Erkenntnisse der Film bringen und wie das Publikum reagieren wird, darauf darf man jedenfalls gespannt sein. Vielleicht geht der Film über die Goldene Adele ja auch ins Rennen für eine goldene Statuette – den Oscar.              

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