Am 10. März gestattete die ungarische Polizei einer neo-pfeilkreuzlerischen Organisation am Budapester Friedhof, in der Abteilung, in der die hingerichteten Kriegsverbrecher bestattet sind, eine Gedenkfeier für den 1946 hingerichteten Ferenc Szálasi abzuhalten. Außerdem hat die ungarische Polizei das Verfahren gegen die rechtsextremistische Website kurucinfo eingestellt. Diese hatte im Sommer 2012 ihre Leser aufgerufen, gegen ein Kopfgeld die Daten von „ungarnfeindlichen Juden“ bekanntzugeben. Auch diejenigen, die nach diesem Aufruf antifaschistische Demonstranten mit Anrufen belästigten, werden von der Polizei nicht behelligt. All das begann nach einer Demonstration vor der Budapester Wohnung von László Csatáry, der mutmaßlich im Frühjahr 1944 als Polizeioffizier eine Schlüsselrolle bei der Deportation der Juden aus Kosice (Kassa) spielte. Kurucinfo hat sofort nach dieser antifaschistischen Demonstration einen Aufruf publiziert unter dem Titel „Wir suchen die Juden, die den 97jährigen Onkel Csatáry belästigen“. Und sie lobten ein Kopfgeld aus: „Unter denjenigen, die über die meisten Personen die nützlichsten Daten uns zusenden, verteilen wir 100.000 HUF (75.000 wurden von unserem in den USA lebenden Kameraden Béla Varga gespendet).“ Danach wurden Fotos, persönliche Daten, wie Telefonnummern und E Mail-Adressen der Demonstranten von kuruc publiziert. Mehrere Demonstranten wurden mit Telefonanrufen, SMS und E Mails belästigt. Eszter Garai-Édler, die mit einem gelben Davidstern versehen demonstrierte, hat deswegen eine Anzeige bei der Polizei erstattet. Nun wurde sie von der Polizei benachrichtigt, dass das Verfahren eingestellt wurde. Garai-Édler findet die Entscheidung der Polizei schockierend: „Laut dieser ist es ganz in Ordnung, dass ein Kopfgeld ausgelobt wird. Es gibt nichts zu beanstanden, wenn Unbekannte wochenlang Drohanrufe tätigen und Drohbotschaften senden. Ohne Konsequenzen kann man die perfidesten und dreckigsten Beschimpfungen und Drohungen per SMS versenden.“ Sie erhebt gegen die Entscheidung der Polizei Einspruch. Ministerpräsident Viktor Orbán hat mehrmals betont, „die Juden“ Ungarns schützen zu wollen. Es sagt viel über die Lage in Ungarn aus, wenn der Ministerpräsident sich bemüßigt fühlt, solch eine Aussage zu machen. Noch mehr sagt es aus, dass Eszter Garai-Édler weiterhin bedroht wird, während gleichzeitig Neonazi geschützt werden, die sich am 9. Februar in der Mitte Budapests zusammenrotten durften, um die SS zu ehren. Bewaffnete Übungen von Neonazi werden – auch wenn dies von Außenminister János Martonyi dementiert wird – toleriert und trotz aller gegenteiligen Beteuerungen bemüht sich anscheinend die ungarische Regierung, die jobbiknahe Website kurucinfo zu verteidigen. Die Regierungspartei Fidesz möchte im Ausland den Anschein erwecken, Rassismus und Antisemitismus abzulehnen, im Inland aber übernimmt sie Initiativen der offen rassistischen und antisemitischen Jobbikpartei, wie z.B. den Trianongedenktag oder die Rehabilitierung des Pfeilkreuzlerpropagandisten József Nyirö. Eine besondere Rolle spielt bei diesem Rechtswalzer – oder wie es Ministerpräsident Orbán nennt, beim Pfauentanz, mit dem das Ausland getäuscht werden soll, jedoch im Inland ein stramm völkischer Kurs weiter gefahren wird – sein guter Freund der Journalist Zsolt Bayer, von dessen rassistischer und antisemitischer Hetze sich Orbán nicht distanziert. In den USA hat Fideszemissär Tamás Fellegi Ende Februar bestätigt, dass Bayer ein „Rassist” ist. |
Bayer, einer der Organisatoren der pro- Orbán „Friedensmärsche” hat am 1. März einen Artikel veröffentlicht unter dem Titel „Das eigene Schicksal verderben”, mit dem er Täter-Opfer-Umkehr übt und vor dem Untergang der „weißen, christlichen ,Rasseʻ“ warnt. Freilich leugnet er Juden erwähnt zu haben, um dann im nächsten Satz einzugestehen, er schreibe lediglich von denjenigen, „die ihre Fehler und Sünden mit ihrem vermeintlichen oder realen Judentum entschuldigen, verstecken, erklären”. Bayers Angriff gegen die angeblich überall Faschismus witternde 68er Generation könnte aus einem NPD-Pamphlet stammen, wurde aber im fidesznahen Magyar Hirlap publiziert.
Zsolt Bayer ist auch einer der übelsten rassistischen Hetzer gegen Roma. Ian Kelly, Vertreter der USA bei der OSCE hat Zsolt Bayers rassistische Hetze in Magyar Hirlap vom 4. Januar 2013 zitiert und klare Worte am 31. Januar 2013 dazu gesagt: „Die Verbindung zwischen Volksverhetzung und den Verbrechen aus Hass ist gut dokumentiert; wir rufen die führenden Persönlichkeiten dazu auf, solche Hassreden abzulehnen und aktiv für Toleranz einzutreten.“
Doch der Vorsitzende des ungarischen Parlaments László Kövér (Fidesz) hat anlässlich des 50. Geburtstages des „Fäkalantisemiten” Zsolt Bayer am 26. Februar diesem versichert: „Wir erlebten gemeinsam gute und schlechte Zeiten, harte Stunden und Stunden der Freude. Wir haben uns gegenseitig nie verleugnet und wir werden das auch nie...“ Ein entschiedener Kampf gegen Antisemitismus schaut anders aus. Die Botschaft ist klar, im Ausland beteuert Fidesz, den Antisemitismus entschieden zu bekämpfen, im Inland signalisiert sie diesen zu tolerieren.