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Peres in Wien

Präsident Shimon Peres, Nobelpreisträger und profilierter Politiker der Gründungsgeneration des Staates Israel, absolvierte während seines Aufenthaltes in Wien in kürzester Zeit ein umfangreiches Programm. Der fast 91 jährige Präsident bewies während seines Besuches nicht nur eine unglaubliche Kondition, sondern präsentierte sich auch charmant, geistreich und staatsmännisch.

Auftakt war die Kranzniederlegung, wo Peres gemeinsam mit Bundespräsident Heinz Fischer vor dem Holocaust-Mahnmal von Rachel Whiteread der Shoa-Opfer gedachte. Bundespräsident Fischer betonte, dass Österreich relativ spät die Verantwortung und das Gedenken an die Vernichtung der 65.000 österreichischen Juden übernommen habe. Er unterstrich den großen Beitrag, den Juden in diesem Land für Kultur und Wissenschaft geleistet haben, bis sie vertrieben und ermordet wurden. Auch Peres betrauerte die Toten und betonte, dass die Shoah niemals vergessen werden darf und diese Tragödie stets präsent sein müsse, um eine Wiederholung zu vermeiden. Beim Treffen mit der jüdischen Gemeinde im Dorotheum, zeigte sich Peres weise und humorvoll zugleich. In dem von Danielle Spera hervorragend geführten Interview, unterstrich er die Bedeutung des Judentums für die Welt. Die 10 Gebote sind die Grundideen der Zivilisation und moralische Wegweiser. Frieden könnten heute nur die Menschen und nicht die Politiker schließen, diese haben heute nur wenig Spielraum, da sie von der Wirtschaft abhängig und den Konzernen ausgeliefert sind. Menschen müssen den Frieden wollen, dann kann man ihn auch erreichen. Israel ist ein kleines Land, verfügt jedoch über enormen Reichtum – engagierte Menschen die offen und wissbegierig sind. In Zeiten der Globalisierung sind Wissenschaft und Forschung von enormer Bedeutung – sie kennen keine Grenzen und man kann auch keine Kriege gegen sie führen. Israels Wissenschafter haben Weltrang und die verliehenen Nobelpreise sind überzeugende Beweis dafür. Seine humorvolle Seite bewies Peres mit einem Statement „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Optimisten und Pessimisten gleich sterben müssen, die Optimisten leben jedoch anders....“

Die höchste Gefahr für Israel, aber auch für Europa und darüber hinaus für die ganze Welt, sieht Peres in der Entwicklung im Iran. Das Regime behauptet, sie seien gegen die Atombomben, entwickeln aber Nuklearwaffen und Raketen, die bis tausende Kilometer reichen. Sie sagen, sie sind für Frieden, sind aber ein Zentrum des Terrorismus und unterstützen Hamas und Hisbolah, All diese Widersprüche machen den Iran zum gefährlichsten Land unserer Zeit, argumentierte ­Peres in der Pressekonferenz.

Im Gespräch mit Bundeskanzler Faymann standen die Beziehungen beider Länder im Mittelpunkt. Auch der immer stärker auftretende Antisemitismus in Europa war Gesprächsthema. Nationalratspräsidentin Barbara Prammer unterstrich im Gespräch mit Shimon Peres die Bedeutung des Holocaust-Gedenkens, nicht zuletzt, um für die Zukunft zu lernen. Prammer informierte über die Arbeit des Nationalfonds und des Entschädigungsfonds, aber auch über ihre Tätigkeit als Ehrenpräsidentin der österreichischen Freunde von Yad Vashem.

Österreich ist für den bis Juli amtierenden Präsidenten ein wichtiges EU Mitglied mit UN Sitz. Nicht nur seine langjährige und nicht immer konfliktfreie Freundschaft mit Heinz Fischer – Bruno Kreiskys Nahostpolitik fanden in Israel nicht viel Zuspruch – führten ihn nach Wien. Die Staatsvisite von Präsident Fischer nach Teheran war ebenfalls ein Thema und Peres traf sich in Wien auch mit dem Chef der Atombehörde Yukiya Amano. Es ginge vor allem darum, was machbar ist, meinte Peres im Standard Interview. Die Gespräche liefen auf zwei Ebenen: die der Politiker und die der Experten. In der Politik gäbe es verschiedene Wahrheiten, während es für die Fachleute nur eine Erkenntnis gibt. Es gibt Anfragen betreffend weiterer Kontrollen, die man noch nicht beantwortet hat. Eine Gefahr besteht, wenn die Experten-Kommission politisch agiert.

In seiner Tischrede anlässlich des Staatsbanketts gab sich Peres sehr optimistisch und meinte, das gewünschte Ziel des Friedens läge in greifbarer Nähe. Die Verhandlungen müssten wieder aufgenommen und zu sachlichen, diskreten Gesprächen jenseits der Öffentlichkeit führen. Österreich spiele in diesen Bemühungen eine wichtige Rolle und er danke seinem langjährigen Freund Fischer für seinen Einsatz dafür.                                                       

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