Das Titelbild dieser Ausgabe stammt von der Künstlerin Abigail Stern und ist aus dem Jahr 2005. Abigail Stern lebt in New York und an der Küste von Maine, wo sich auch ihr Atelier befindet. Ab August sind Arbeiten von ihr in der deutschen Kutschenwerkstatt in Gelsenkirchen zu sehen, im November stellt sie in Serbien und Italien aus.
Stern, die aus Los Angeles stammt, hat dort sowohl Kunst als auch Kunstgeschichte studiert. An sich kommt sie von der abstrakten Malerei, arbeitet dann aber auch immer wieder sehr figurativ oder schafft hybride Formen, indem sie beispielsweise Skurriles miteinander mixt, wie Schmetterlinge, Spielzeug oder Puppen. Diese Arbeiten sind sehr bunt gehalten, z. B. mit pinken Hintergründen. In einer Serie setzt sie sich mit asiatischen Vasen auseinander, die sie sehr realistisch darstellt.
Wirken frühe Arbeiten sehr grafisch, schafft sie nun auch eine Serie von Arbeiten, die durch ostasiatische Kunst und Kultur inspiriert, gleichzeitig aber auch streng formal ist. Es entstehen sehr poetische Collagen und Assemblagen. Stern verwendet in ihren Werken verschiedene Techniken und baut eine Arbeit schichtweise auf. Sie klebt Papier auf Papier, bemalt die Bilder, verwendet auch Fotografien, Stoffe, Objekte, Stahl, Holz, Kaffee, zeichnet mit chinesischer Tusche, oder schreibt koreanische Schriftzeichen mit Kreide auf Bilder oder auch auf Tafeln. Stern hat viele Freunde in Korea und reiste 2011 sowie 2012 dorthin, weil sie dort ausstellte. 2012 war sie auch in Beijing.
In Tiantang He Di Qiu (Himmel und Erde) aus dem Jahr 2014 kombiniert Abigail Stern beispielsweise chinesische Tinte, Stoff, Reispapier mit einer Fotografie auf einer Schiefertafel.
Durch das Übereinanderkleben verschiedener Ebenen, durch das schichtweise Zusammensetzen diverser Elemente, entstehen eindrucksvolle Bildräume, es wird eine neue Realität geschaffen.
Diese Formensprache offeriert bei näherer Betrachtung einen ungeahnten Detailreichtum. Die Kraft dieser Arbeiten liegt in der Reduktion der Materialen und Formen. Einerseits gibt es diese rein abstrakten Arbeiten, dann verwendet sie Fotografien mit abgebildeten Personen, oder Frauen erscheinen wie ein schwarzer Schatten auf den Bildern. In sehr vielen Arbeiten wird ein Dialog zwischen Schwarz-Weiss oder Grau gehalten, manches Mal setzt Stern dann noch farbige Akzente hinzu. Ein Gewebe als Untergrund, wie beispielsweise in Untitled 110 oder 111, hat nicht nur eine passive, rein bildtragende Funktion, sondern diktiert auch Form und Struktur und wird damit Teil der Bildgestaltung. In anderen Bildern bildet ein Stück ausgefranster Leinenstoff die oberste Bildschicht, wie in Untitled 96. Die formale Strenge, die Anordnung der im Bild dargestellten Elemente, erzeugen eine enorme Spannung.
Im Jahr 2012 gestaltete Abigail Stern auch zwei Kunstbücher. In Korean Pillow hat sie immer zwei Bilder zu einem Diptychon zusammengefasst. Für die Gestaltung ihres zweiten Kunstbuchs Beijing Hutong hat sie verschiedene Medien verwendet, die sie auf Hanji (traditionelles koreanisches Papier) auftrug.
Die Künstlerin verwendet verschiedenste Papiersorten, handgeschöpftes Papier, Papier aus Neapel oder aus Tibet, Reispapier oder eben Hanji. Papier ist ein vielseitiges Material, mit dem sie, je nach Stärke, Dichte und Stabilität, verschiedene Resultate in den Bildern hervorbringt. Dadurch schafft Abigail Stern ein wirklich eindrucksvolles Œuvre.